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In Gurrevitz, eine halbe Meile von Rambin, lebte einmal ein Weber, das war ein sehr armer aber frommer und gottesfürchtiger Mann, der hatte auch eine recht gute und christliche Ehefrau. Und die beiden Leute hatten viele liebe Kinder. Das jüngste und liebste Kind von allen aber war ein kleines Mädchen, welches Christine hieß. Das war acht Jahr alt.
Das war ein sehr schönes freundliches und gehorsames Kind und hatte einen recht lieben dem Himmel zugewendeten Sinn, so dass es mit seinem kindischen Verstande die hohen und himmlischen Dinge sehr geschwind fasste und behielt und nichts lieber lesen hörte als die Bibel und nichts geschwinder auswendig lernte als Lieder aus dem Gesangbuch.
Das kleine Christinchen war sonst sehr still und für sich und konnte, wann der Frühling und Sommer da waren, ganze Tage und Wochen im Garten spielen, ohne dass es anderer Gespielen nötig hatte als die Büsche und Blumen und die Vögeleien, die in den Zweigen sangen. Mit ihnen lebte spielte und schwätzelte es, als wären es Menschen gewesen, und kam, sobald die Sonne untergegangen, immer heiter und fröhlich wieder ins Haus, aß ein Butterbrödchen, faltete die Händchen zum Gebet, und schlief dann ein.
Nun geschah es, daß das Kind einmal, als es nach seiner Gewohnheit des Abends in die Stube trat, etwas in seinem Schürzchen trug. Sie hielt aber das Schürzchen zu, dass niemand wissen konnte, was sie darin hatte. Und sie ließ Schwestern und Brüder raten, was sie wohl hätte, und die konnten es nicht raten. Und sie fragte die Mutter, und die riet es auch nicht. Und als Christinchen lange so rundgefragt hatte und zuletzt keiner mehr antworten noch raten wollte, rief sie voll Ungeduld: „Nun, so will ich mein Rätsel ausschütten und da seht!“
Und aus ihrer Schürze fiel ein kleines schneeweißes Küchlein, das sehr schön war und ein niedliches buntes Büschelchen auf dem Kopf hatte. Und die Mutter verwunderte sich und fragte, woher sie das Küchlein habe. Und Christine antwortete: Ich weiß nicht, wo das Küchlein hergekommen ist. Es kam im Garten zu mir und hüpfte auf meinen Schoss und hat den ganzen Nachmittag mit mir gespielt. Und als ich weggehen wollte, ist es mir nachgelaufen, und da habe ich’s in meine Schürze genommen und mitgebracht.
Denn es wäre wohl jämmerlich, wenn es die Nacht draußen sitzen und frieren sollte, auch könnte ein Wiesel oder Jltis kommen und fressen es auf. Darum, du liebes liebstes schneeweißes Küchlein, hab’ ich dich mitgenommen. Und. mit diesen Worten nahm sie es wieder vom Boden auf und herzte und küsste es, und legte es an ihr Herz. Und nun sei nur nicht bange! du sollst es recht gut bei mir haben, und die Nacht bei mir schlafen, und wir wollen einander nichts zu Leide tun.
Die Mutter aber glaubte ihr nicht recht, als sie das erzählte, und meinte, sie müsse das Küchlein wohl irgendwo bei einem Nachbar aufgegriffen haben, und sie bedeutete Christinchen recht ernstlich, sie solle ihr die reine Wahrheit sagen, wie sie zu dem Küchlein gekommen sei. Aber das Kind blieb bei seiner Aussage, und spielte und tändelte fort mit dem Küchlein. Und als sie zu Bett ging, legte sie es auf ihre Brust, und das Küchlein breitete seine Flügelchen aus, als wolle es Christinchen damit zudecken und wärmen, und schlief die ganze Nacht auf ihrer Brust.
Und den anderen Morgen schickte die Weberin herum bei allen Nachbarn im ganzen Dorfe und ließ umfragen, ob jemand ein schneeweißes Hühnchen mit einem bunten Käppchen verloren hätte. Und die ließen ihr sagen, schneeweiße Hühner und Küchlein hätten sie gar nicht, auch sei keinem ein Küchlein verloren gegangen. Als diese Botschaft zurückkam, hüpfte und jubete das Kind vor Freuden, daß es sein schneeweißes Küchlein behalten sollte. Und die Mutter hatte noch viel größere Freude, denn sie hatte eine rechte Herzensangst gehabt, Christinchen möge das Küchlein irgendwo weggenommen und ihr gar was vorgelogen haben.
Und zwischen den beiden, dem kleinen Mädchen und dem weißen Küchlein, ward eine solche Freundschaft, dass es fast zu viel war. So dass die kleine Dirne nirgend sein konnte, ohne dass das Küchlein mit ihr war, und dass sie nicht einmal so gern als sonst mit der Mutter in die Kirche gehn mogte, weil Schneeweißchen — so nannte sie das Küchlein — dann zu Hause bleiben musste. Und auch das kleine Schneeweißchen hatte eine unglückliche Zeit, wann Christinchen ihm fehlte, und lief dann unruhig umher und piepte und suchte, als wäre ihm sein Glück weg, und hätte sich oft beinahe die Seele ausgepiept. Sobald es aber Christinchen wiederkommen sah, drehte es sich vor Freuden auf seinen goldgelben Beinchen herum und flackete und flaggete fort und fort mit seinen Flügeln.
Gewöhnlich aber waren die beiden beisammen im Garten, wo Christinchen saß und las oder strickte oder auch die Blumen begießen und Unkraut ausgäten musste. In diesem Garten stand ein altriger Birnbaum, worunter ein großer breiter Stein lag. Auf dem Stein saß Christinchen nun immer, weil Schneeweißchen sich immer unten an dem Stein hinlegte und in der Erde kratzte und seine kleinen Flügel und Federn mit Staub bewarf. Da konnte man sie immer finden, und die Mutter schalt Christinchen wohl oft, dass sie fast gar nicht mehr auf ihrer grünen Rasenbank saß, die ihr Bruder, ein junger Weberknapp, ihr gemacht hatte.
Sie antwortete dann, die Stelle möge Schneeweißchen nicht leiden: wann sie in den Garten gehen, wolle es immer zu dem Stein, und da müsse sie wohl mit, denn wo Schneeweißchen sei, da müsse sie auch sein. So lebten die beiden mit einander den ganzen Frühling und Sommer als die schönsten Freunde, und Schneeweißchen hatte nichts weiter bedurft als ein paar Brodkrümchen, die Christinchen ihm immer von seinem Brödchen abgegeben. Und es hatte auch sie nicht einmal bedurft denn draußen war im Sommer für ein Hühnchen die Hülle und Fülle zu essen und aufzupicken.
Als nun aber der Herbst kam und kein Blatt mehr auf den Bäumen war und der Winter anfing den Vögeln die Körner zu verschneien, da mussten die beiden kleinen Freunde auch in die Stube ziehen, und kamen in große Noth. Die Mutter nahm nämlich einen Morgen das kleine Mädchen vor und sagte zu ihr: Mein liebes Christinchen, du bist ein gehorsames frommes Kind, und es thut mir darum leid, daß Schneeweißchen von dir muss; aber wir können es nun einmal nicht behalten. Leben will das Hühnchen doch, und Gerste und Brod haben wir nicht übrig.
Darum weine nicht, und geh hin und zieh dir deinen neuen Sonntagsrock an, und nimm dein Hühnchen unter’n Arm, und bring es deiner Frau Patin, der Frau Pastorin in Rambin. Die wird es um deinetwillen hegen und pflegen und bei ihr wird es bessere Tage haben als in unserm kleinen Häuschen. Als Christinchen diese Rede hörte, fing sie an so bitterich zu schluchzen und zu weinen, dass es der Mutter das Herz hätte brechen mögen, und rief dann: Nein! nein! Mutter, ich kann und kann das nicht tun.
Wenn Schneeweißchen fort muss, mag ich auch nicht länger auf der Welt bleiben und muss sterben. Und warum wollen wir das niedliche Hühnchen nicht behalten, das nun bald groß wird und uns gewiss viele schöne Eier legt? Und das Kind weinte so sehr und bat die Mutter so flehentlich, daß diese zuletzt sagte: Nun denn in Gottes Namen! Du sollst dein Schneeweißchen behalten, und der liebe Gott mag uns bei unsrer Armuth noch wohl so viel geben, daß Schneeweißchen ein paar Krümchen mitessen kann.
Und Schneeweißchen lebte nun in der Stube und auf der Flur, und ging nicht einen Augenblick von Christinchen, und schlief des Nachts noch immer auf ihrer Brust. Aber das war doch besonders, dass das Hühnchen fast alle Tage in den Garten zu dem Stein lief, wo es sich im Sommer so oft ihr kühles Bett in der Erde aufgekratzt hatte. Als aber Weihnachten vorbei war und die Tage länger wurden, da legte Schneeweißchen ihr erstes Ei, und Christinchen brachte es mit großer Freude ihrer Mutter. Und von dem Tage an hat Schneeweißchen jeden Tag ein Ei, zuweilen auch zwei Eier gelegt, sieben Jahre lang, solang es gelebt hat, und ist ein rechter Schatz für das Haus gewesen.
Von Christinchen aber ist das Hühnchen nimmer gewichen, und wenn diese, welche nun auch größer ward, jetzt im Walde den Kühen nachgehen oder auf dem Feld arbeiten musste, Schneeweißchen ging oder flog immer mit; gewöhnlich aber trug Christinchen es auf dem Arm, wie ein Ritter seinen Falken trägt. Und das ganze Dorf verwunderte sich über die beiden und über ihre sonderbare Freundschaft, und die alten Weiber verwunderten sich auch, steckten die Köpfe zusammen und munkelten untereinander: wenn es nicht ein Huhn wäre und sich nicht treten ließe wie andere Hühner und nicht Eier legte, die eben so aussehen und schmecken als andre Eier, so mögte man auf seltsame und wunderliche Gedanken kommen.
Aber wenn Schneeweißchen und Chtistinchen auch nicht mehr so viel im Garten saßen und spielten als die ersten Jahre, wo sie noch jung und klein waren, Schneeweißchen ging doch recht oft zu dem breiten Stein unter dem alten Birnbaum und kratzte dort, und auch Christinchen blieb die Stelle immer lieb wegen der Erinnerung des ersten Sommers, wo Schneeweißchen zu ihr gekommen war.
Und als Schneeweißchen sieben Jahr alt und Christinchen fünfzehn Jahr und schon ein großes hübsches Mädchen war, da fing Schneeweißchen an zu pipsen und hatte trübe Augen und ließ die Flügel hangen und glucksete so traurig, und mogte gar wenig essen. Und Christinchen war sehr betrübt und streichelte und fütterte das liebe Hühnchen auf das zärtlichste und sorglichste. Aber das half nicht: Schneeweißchen lag eines Morgens todt da und Christinchen fand es neben dem Stein an der Stelle, wo es zu buddeln und sich sein kühles Sommerlager in der Erde zu kratzen pflegte. Und über diesen Todesfall entstand große Trauer im Hause, und da das Hühnchen nun tot war, fing ein jeder an sein Stück an dem lieben Schneeweißchen zu loben.
Christinchen aber weinte sehr und hielt es in seinem Arm und küsste es viel tausend Mal und sagte: O du liebes liebes Hühnchen! o du trautes und goldnes Hühnchen! o du mein eignes eigenstes Hühnchen! gewiss hattest du ein lieberes und treueres Herz, als viele Menschen haben, und darum sollst du auch schön begraben werden, und die feinsten und hübschesten Blümlein sollen auf deinem Grabe blühen. Und Christinchen und die Mutter sprachen: Schneeweißchen soll da schlafen, wo es im Garten immer gesessen und gekratzt und sich selbst seine liebste Stelle ausgesucht hat. Denn es ist billig, dass jeder da schlafe, wo es ihm am besten gefällt.
Und Mutter und Tochter gingen hin und wollten an dem Stein grade auf der Stelle, wo sie Schneeweißchen tot funden hatten, für sie ihr kleines Grab graben. Und als sie ein bisschen gegraben hatten, stieß Christinchen auf etwas Hartes und sprach: Was ist das, Mutter? Und die Mutter traf auch mit dem Spaten darauf, und räumte die Erde weg. Und sie erblickten ein Kästchen. Und gruben nun vorsichtig an beiden Seiten die Erde weg, und huben das Kästchen heraus, das aus Eichenholz und unten schon angefault war. Und die Mutter hob das Kästchen neugierig auf, und fühlte, es war sehr schwer, und rief voll Freuden: wie? wenn es ein Schatz wäre?
O, du mein lieber Gott! wenn es ein Schatz wäre, so hätte dein Schneeweißchen es dir bestimmt. Warum es da nur immer so viel gekratzt und sich eingebuddelt haben mag? Und sie setzten das Kästchen hin und machten das Grab zurecht, und schütteten Rosen und Lilien und grüne Kräuter hinein und legten Schneeweißchen sanft drauf und beschütteten sie wieder mit Blumen. Dann deckten sie es mit Erde zu und pflanzten Rosen und Violen umher, und Christinchen hat das Grab jeden Tag mit Tränen und mit Wasser begossen.
Was ist aber in dem Kästchen gewesen? Der alte Weber musste lange arbeiten, bis er es aufbrechen konnte, denn es war sehr fest vernagelt. Und als sie es mit vieler Mühe erbrochen hatten, siehe! da steckte in dem Kästchen noch wieder ein kleineres Kästchen, und das war mit Blech beschlagen und machte dem Alten noch mehr zu schaffen. Aber was ist auch herausgekommen? Die schönsten und blankesten holländischen Dukaten, zehntausend Stück. Man kann denken, welch Erstaunen und welche Freude im Hause war und wie die Leute sich verwunderten und Gott dankten, der ihre Armut auf eine so wunderbare Weise in Reichthum verwandeln wollte. Und die Mutter sagte zu dem Vater: Nun, Vater, hab’ ich nicht Recht gehabt?
Du hast mich immer ausgelacht, wenn ich dir sagte, es müsse mit Christinchen und Schneeweißchen etwas Besonderes auf sich haben und eine Heimlichkeit, die wir nicht verstehen, dabei seyn. Und siehe nun wird die blanke Heimlichkeit von der Sonne beschienen. Und als sie sich genug verwundert und gefreut hatten, sagte der Vater zu Christinchen: Eigentlich, mein liebes Christinchen, ist dies alles dein, und Schneeweißchen ist as ein unbekannter und seltener Gast zu dir gekommen und hat sieben Jahre bei dir gewohnt, damit sie dir deinen Brautschatz wiese.
Und du hast ja auch den Schatz gefunden und zuerst gesprochen: Schneeweißchen muss an der Stelle begraben werden, wo es gestorben ist und wo es bei seinem Leben immer so gern saß. Und nun, Christinchen, bist du ein reiches Mädchen und kein Graf ist zu gut, sich mit den zehntausend Dukaten zu vermählen. Christinchen aber sagte: Was sprecht Ihr da, Vater? es soll uns allen gehören, und ich will haben, dass Ihr und die Mutter und die Geschwister jedes seinen gleichen Teil davon bekommen sollen. Und so ist es auch geschehen, denn Christinchen hat es durchaus so gewollt. Und sie war nun doch reich genug.
Und die frommen Leute haben fest geglaubt, Schneeweißchen sei ein lieber unschuldiger Geist oder gar ein von Gott gesandtes weißes Engelchen vom Himmel gewesen, das Christinchens Jugend behüten und bewahren und sie alle glücklich machen sollte. Und es hat auch fast so ausgesehen. In den vorigen Zeiten, worüber wir jetzt lachen, haben sich viele solche Geschichten begeben, wovon die alten Leute in meiner Kindheit noch zu sagen wussten. Nun aber hört man dergleichen gar nicht mehr und keiner erlebt es, und das kommt wohl daher, weil sie nicht mehr daran glauben.
Hintergründe zum Märchen „Das schneeweiße Hühnchen“
„Das schneeweiße Hühnchen“ ist ein Märchen von Ernst Moritz Arndt (1769-1860), einem deutschen Schriftsteller, Dichter und Politiker. Arndt ist vor allem für seine politischen Schriften und Gedichte bekannt, die sich gegen die französische Besatzung während der napoleonischen Kriege richteten und für einen deutschen Nationalstaat eintraten. Sein Märchen „Das schneeweiße Hühnchen“ ist weniger bekannt als seine politischen Werke, aber es repräsentiert seine literarische Vielfalt.
Zeit und Kontext: „Das schneeweiße Hühnchen“ wurde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts geschrieben, einer Zeit, in der die Sammlung und Veröffentlichung von Märchen in Deutschland sehr populär war. Die Brüder Grimm hatten ihre erste Sammlung von Märchen im Jahr 1812 veröffentlicht, was das Interesse an diesen Geschichten weiter verstärkte.
Einfluss der Romantik: Die Romantik war eine kulturelle Bewegung, die in Europa zwischen dem späten 18. und dem frühen 19. Jahrhundert stattfand. Sie betonte Emotionen, Individualismus und die Schönheit der Natur. „Das schneeweiße Hühnchen“ spiegelt einige dieser romantischen Ideale wider, wie die Verbindung zur Natur und die Betonung von Emotionen und Freundschaft.
Volkstümliche Erzähltradition: Wie viele andere Märchen dieser Zeit wurde auch „Das schneeweiße Hühnchen“ von mündlichen Erzählungen und volkstümlichen Geschichten beeinflusst. Die einfachen Charaktere und die klare Moral der Geschichte sind typisch für diese Art von Geschichten, die oft dazu dienten, Werte und Normen zu vermitteln.
Ernst Moritz Arndt als Autor: Obwohl Arndt vor allem für seine politischen Schriften und Gedichte bekannt ist, hat er auch eine Reihe von Märchen geschrieben, die einen Einblick in seine literarische Bandbreite geben. „Das schneeweiße Hühnchen“ ist ein Beispiel dafür, wie Arndt seine schriftstellerischen Fähigkeiten einsetzte, um Geschichten zu erzählen, die auch jüngere Leser ansprechen und unterhalten.
Insgesamt ist „Das schneeweiße Hühnchen“ ein Märchen, das im Kontext seiner Zeit und der literarischen Traditionen, die es beeinflussten, verstanden werden kann. Es bietet einen interessanten Einblick in die Vielfalt von Ernst Moritz Arndts Schaffen als Schriftsteller und Dichter.
Interpretationen zum Märchen „Das schneeweiße Hühnchen“
„Das schneeweiße Hühnchen“ von Ernst Moritz Arndt ist ein Märchen, das verschiedene Interpretationen und symbolische Bedeutungen zulässt. Hier sind einige mögliche Interpretationen:
Freundschaft und Treue: Das Märchen zeigt die enge Freundschaft und unzertrennliche Bindung zwischen Christine und Schneeweißchen. Ihre Verbundenheit bleibt bestehen, trotz der Schwierigkeiten und Veränderungen im Laufe der Zeit. Schneeweißchen und Christine sind treu zueinander, und ihre Freundschaft überwindet alle Hindernisse.
Das Gute wird belohnt: Das Märchen betont, dass gute Taten und aufrichtiges Handeln belohnt werden. Christine und ihre Familie sind arm, aber gottesfürchtig und gutmütig. Schneeweißchen legt viele Eier und wird zum Segen für die Familie, die sie großgezogen hat. Am Ende finden sie einen Schatz, der ihr Leben verändert.
Die Kraft der Natur: Die Natur spielt eine wichtige Rolle im Märchen. Schneeweißchen und Christine verbringen viel Zeit im Garten, und die Verbindung zur Natur ist ein zentrales Element ihrer Freundschaft. Die Kraft der Natur wird auch durch den Schatz symbolisiert, der in der Erde versteckt ist und am Ende gefunden wird.
Das Geheimnisvolle und Wunderbare: Schneeweißchen ist ein besonderes Hühnchen, und seine Erscheinung im Leben von Christine ist mysteriös und wunderbar. Die Dorfbewohner sind verwundert über die enge Beziehung zwischen Mädchen und Hühnchen. Der Fund des Schatzes am Ende des Märchens ist ebenfalls ein wunderbares Ereignis, das das Leben der Familie zum Positiven wendet.
Die Bedeutung von Erinnerungen: Der Garten und insbesondere der Stein unter dem alten Birnbaum sind ein Ort der Erinnerung für Christine. Hier hat sie ihre ersten Momente mit Schneeweißchen verbracht, und auch nach dem Tod des Hühnchens bleibt dieser Ort wichtig für sie. Die Erinnerungen an die gemeinsame Zeit und die Freundschaft mit Schneeweißchen sind für Christine von unschätzbarem Wert.
Naturverbundenheit und Romantik: Die Romantik zeichnet sich durch eine starke Betonung der Natur und das Streben nach dem Einklang zwischen Mensch und Natur aus. Das schneeweiße Hühnchen ist ein Tier, das in einer natürlichen Umgebung lebt und als Verbindung zwischen Mensch und Natur interpretiert werden könnte. Die Geschichte könnte eine Sehnsucht nach einer harmonischen und unberührten Naturwelt zum Ausdruck bringen, die im Gegensatz zu den gesellschaftlichen und politischen Veränderungen der damaligen Zeit steht.
Die Bedeutung von Volksmärchen: Arndt hat möglicherweise auf bestehende Volksmärchen und Sagen zurückgegriffen, um das Märchen „Das schneeweiße Hühnchen“ zu verfassen. In diesem Zusammenhang könnte die Geschichte als Teil des kulturellen Erbes und als Ausdruck der nationalen Identität interpretiert werden, die Arndt in seinen Werken zu fördern versuchte.
Insgesamt ist „Das schneeweiße Hühnchen“ ein Märchen, das verschiedene symbolische Bedeutungen und Interpretationen bietet und wichtige Themen wie Freundschaft, Treue, das Gute und die Natur aufgreift.
Zusammenfassung der Handlung
„Das schneeweiße Hühnchen“ ist ein Märchen von Ernst Moritz Arndt, das von einem armen, frommen Weber und seiner Familie in Gurrevitz handelt. Das jüngste und liebste Kind der Familie ist die achtjährige Christine, die still und zurückhaltend ist und gerne Zeit im Garten verbringt. Eines Tages findet Christine ein schneeweißes Küken mit einem bunten Büschel auf dem Kopf und bringt es nach Hause.
Ihre Mutter ist misstrauisch und glaubt, dass Christine das Küken von jemandem gestohlen haben könnte, aber niemand im Dorf vermisst ein solches Tier. Schließlich darf Christine das Küken, das sie Schneeweißchen nennt, behalten. Die beiden werden unzertrennlich, und Schneeweißchen folgt Christine überall hin. Sie verbringen viel Zeit im Garten, besonders in der Nähe eines alten Birnbaums und eines großen Steins, wo das Hühnchen gerne kratzt und sich in der Erde wühlt.
Als der Winter kommt, ziehen die beiden in die Stube des Hauses, und Schneeweißchen beginnt Eier zu legen. Sieben Jahre lang legt das Hühnchen täglich ein oder zwei Eier und wird so zu einem wertvollen Besitz für die Familie. Die Dorfbewohner staunen über die besondere Freundschaft zwischen dem Mädchen und dem Hühnchen. Im Laufe der Jahre verbringen Christine und Schneeweißchen weniger Zeit im Garten, aber das Hühnchen geht immer noch gerne zu dem Stein unter dem Birnbaum.
Nach sieben Jahren wird Schneeweißchen krank und stirbt. Die Familie ist untröstlich, und Christine beschließt, das Hühnchen an der Stelle im Garten zu begraben, wo es am liebsten war – in der Nähe des Steins. Während sie das Grab vorbereiten, stoßen sie auf ein schweres, hölzernes Kästchen. Die Mutter vermutet, dass es sich um einen Schatz handeln könnte, und tatsächlich entpuppt sich das Kästchen als mit Goldmünzen gefüllt. Die Familie ist überglücklich, und Christine ist überzeugt, dass Schneeweißchen der Familie diesen Schatz geschenkt hat. Durch diesen unerwarteten Reichtum ändert sich das Leben der Familie grundlegend, und sie können fortan in Wohlstand leben.
Zum Autor Ernst Moritz Arndt
„Das schneeweiße Hühnchen“ ist ein Märchen von Ernst Moritz Arndt (1769-1860), einem deutschen Schriftsteller, Dichter und Politiker. Er ist vor allem für seine nationalpolitischen Schriften und seine Beteiligung an der Befreiungsbewegung gegen die napoleonische Besetzung bekannt. Arndt war ein Vertreter der deutschen Romantik und verfasste auch Märchen, Gedichte und Prosa.
„Das schneeweiße Hühnchen“ ist eine weniger bekannte Erzählung aus seinem Werk. Das Märchen folgt der klassischen Struktur vieler Volksmärchen und beinhaltet einige typische Elemente wie die Verwandlung, die Suche nach dem Glück und die Moral der Geschichte. Die Hauptfigur ist ein schneeweißes Hühnchen, das im Verlauf der Handlung verschiedenen Herausforderungen begegnen muss und schlussendlich einen erlösenden Charakterzug zeigt, der es aus einer misslichen Lage befreit.
Der Hintergrund des Märchens lässt sich teilweise auf die kulturellen und historischen Einflüsse der damaligen Zeit zurückführen. Ernst Moritz Arndt schrieb das Märchen während der Zeit der Romantik, einer Epoche in der Literatur, Kunst und Musik, die sich durch eine starke Betonung von Emotionen, Natur und nationaler Identität auszeichnete. In dieser Zeit gewannen auch Volksmärchen und volkstümliche Erzählungen an Beliebtheit, da sie als kulturelles Erbe und Ausdruck der nationalen Identität angesehen wurden. Arndt war ein prominenter Kämpfer für die Befreiung von der napoleonischen Besatzung und die Schaffung einer deutschen Nation.
Es ist möglich, dass Arndt mit diesem Märchen auf die damals verbreiteten Volksmärchen und Sagen zurückgreift, die er möglicherweise als Kind gehört oder gelesen hat. Darüber hinaus könnte die Erzählung auch von den politischen und sozialen Entwicklungen seiner Zeit beeinflusst sein, insbesondere von Arndts Kampf gegen die Unterdrückung und seine Bestrebungen, eine gemeinsame deutsche Identität und Kultur zu fördern. Daher kann man vermuten, dass „Das schneeweiße Hühnchen“ eine Allegorie auf Freiheit, Identität und Selbstbestimmung ist.
Informationen für wissenschaftliche Analysen
Kennzahl | Wert |
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Lesbarkeitsindex nach Amstad | 69.5 |
Lesbarkeitsindex nach Björnsson | 42 |
Flesch-Reading-Ease Index | 56.9 |
Flesch–Kincaid Grade-Level | 11 |
Gunning Fog Index | 11.6 |
Coleman–Liau Index | 12 |
SMOG Index | 12 |
Automated Readability Index | 12 |
Zeichen-Anzahl | 14.211 |
Anzahl der Buchstaben | 11.474 |
Anzahl der Sätze | 103 |
Wortanzahl | 2.346 |
Durchschnittliche Wörter pro Satz | 22,78 |
Wörter mit mehr als 6 Buchstaben | 452 |
Prozentualer Anteil von langen Wörtern | 19.3% |
Silben gesamt | 3.518 |
Durchschnittliche Silben pro Wort | 1,50 |
Wörter mit drei Silben | 243 |
Prozentualer Anteil von Wörtern mit drei Silben | 10.4% |