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Der Heiner und der Brassenheimer Müller
Grimm Märchen

Der Heiner und der Brassenheimer Müller - Märchen von Johann Peter Hebel

Vorlesezeit für Kinder: 6 min

Eines Tages saß der Heiner ganz betrübt in einem Wirtshaus, und dachte daran, wie ihn zuerst der rote Dieter und darnach sein eigener Bruder verlassen haben, und wie er jetzt allein ist. „Nein“, dachte er, „es ist bald keinem Menschen mehr zu trauen, und wenn man meint, es sei einer noch so ehrlich, so ist er ein Spitzbub.“ Unterdessen kommen mehrere Gäste in das Wirtshaus, und trinken Neuen, und „wisst Ihr auch“, sagte einer, „dass der Zundelheiner im Land ist, und wird morgen im ganzen Amt ein Treibjagen auf ihn angestellt, und der Amtmann und die Schreiber stehen auf dem Anstand?“

Als das der Heiner hörte, wurde es ihm grün und gelb vor den Augen, denn er dachte, es kenne ihn einer, und jetzt sei er verraten. Ein anderer aber sagte: „Es ist wieder einmal ein blinder Lärm. Sitzt nicht der Heiner und sein Bruder zu Wollenstein im Zuchthaus?“ Drüber kommt auf einem wohlgenährten Schimmel der Brassenheimer Müller mit roten Pausbacken und kleinen freundlichen Augen daher geritten. Und als er in die Stube kam, und tut den Kameraden, die bei dem Neuen sitzen, Bescheid, und hört, dass sie von dem Zundelheiner sprechen, sagt er: „Ich hab schon so viel von dem Zundelheiner erzählen gehört. Ich möcht ihn doch auch einmal sehen.“

Da sagte ein anderer: „Nehmt Euch in acht, dass Ihr ihn nicht zu früh zu sehen bekommt. Es geht die Rede, er sei wieder im Land.“ Aber der Müller mit seinen Pausbacken sagte: „Pah! ich komm noch bei guter Tageszeit durch den Fridstädter Wald, dann bin ich auf der Landstraße, und wenn’s fehlen will, geb ich dem Schimmel die Sporen.“ Als das der Heiner hörte, fragt er die Wirtin: „Was bin ich schuldig“, und geht fort in den Fridstädter Wald. Unterwegs begegnet ihm auf der Bettelfuhr ein lahmer Mensch.

„Gebt mir für ein Käsperlein Eure Krücke“, sagte er zu dem lahmen Soldaten. „Ich habe das linke Bein übertreten, dass ich laut schreien möchte, wenn ich drauf treten muss. Im nächsten Dorf, wo Ihr abgeladen werdet, macht Euch der Wagner eine neue.“ Also gab ihm der Bettler die Krücke. Bald darauf gehen zwei betrunkene Soldaten an ihm vorbei, und singen das Reuterlied. Wie er in den Fridstädter Wald kommt, hängt er die Krücke an einen hohen Ast, setzt sich ungefähr sechs Schritte davon weg an die Straße, und zieht das linke Bein zusammen, als wenn er lahm wäre.

Drüber kommt auf stattlichem Schimmel der Müller daher trottiert, und macht ein Gesicht, als wenn er sagen wollte: „Bin ich nicht der reiche Müller, und bin ich nicht der schöne Müller, und bin ich nicht der witzige Müller?“ Als aber der witzige Müller zu dem Heiner kam, sagt der Heiner mit kläglicher Stimme: „Wolltet Ihr nicht ein Werk der Barmherzigkeit tun an einem armen lahmen Mann. Zwei betrunkene Soldaten, sie werden Euch wohl begegnet sein, haben mir all mein Almosengeld abgenommen, und haben mir aus Bosheit, dass es so wenig war, die Krücke auf jenen Baum geschleudert, und ist in den Ästen hängenblieben, dass ich nun nimmer weiter kann.

Wolltet Ihr nicht so gut sein, und sie mit Eurer Peitsche herabzwicken?“ Der Müller sagte: „Ja sie sind mir begegnet an der Waldspitze. Sie haben gesungen: So herzig, wie mein Lisel, ist halt nichts auf der Welt.“ Weil aber der Müller auf einem schmalen Steg über einen Graben zu dem Baum musste, so stieg er von dem Ross ab, um die Krücke herabzuzwicken. Als er aber an dem Baum war, und schaut hinauf, schwingt sich der Heiner schnell wie ein Adler auf den stattlichen Schimmel, gibt ihm mit dem Absatz die Sporen, und reitet davon.

„Lasst Euch das Gehen nicht verdrießen“, rief er dem Müller zurück, „und wenn Ihr heimkommt, so richtet Eurer Frau einen Gruß aus von dem Zundelheiner!“ Als er aber eine Viertelstunde nach Betzeit nach Brassenheim und an die Mühle kam, und alle Räder klapperten, dass ihn niemand hörte, stieg er vor der Mühle ab, band dem Müller den Schimmel wieder an der Haustüre an, und setzte seinen Weg zu Fuß fort.

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Hintergründe zu „Der Heiner und der Brassenheimer Müller“

Johann Peter Hebel war ein deutscher Schriftsteller, Theologe und Pädagoge, bekannt für seine Gedichte und Geschichten in Alemannischer Mundart sowie für seine kurzen Prosaarbeiten. Seine Werke sind bekannt für ihren einfachen, volksnahen Stil, ihren Humor und ihre moralischen Lehren.

„Der Heiner und der Brassenheimer Müller“ ist Teil von Hebels reicher literarischer Tradition, die stark von Volksmärchen und -legenden, Anekdoten und Humor geprägt ist. Hebel hatte eine besondere Vorliebe für Geschichten, die das einfache Leben und den gesunden Menschenverstand feierten und gleichzeitig eine moralische Botschaft vermittelten.

Die Geschichte könnte auch als ein Spiegelbild der sozialen Verhältnisse und Normen seiner Zeit gesehen werden. Heiner, der sich in einer ungünstigen Position befindet, benutzt seine Schlauheit und Cleverness, um seine Situation zu seinem Vorteil zu nutzen – eine Thematik, die oft in Volksgeschichten und -märchen auftaucht.

Die Geschichte spielt auch mit der Figur des „Trickster“ oder des schlauen Betrügers, einer Figur, die in vielen Kulturen und literarischen Traditionen zu finden ist. In diesem Fall ist Heiner der Trickster, der den selbstgefälligen Müller täuscht und dessen Pferd stiehlt, um dann ironischerweise das Pferd zurückzugeben. Es ist auch wichtig, Hebels Einsatz von Dialekt und regionaler Sprache zu beachten, die seiner Prosa Authentizität und Charakter verleihen und ihm ermöglichen, die regionalen Unterschiede und die Vielfalt der deutschen Sprache hervorzuheben.

Interpretationen zu „Der Heiner und der Brassenheimer Müller“

„Der Heiner und der Brassenheimer Müller“ bietet einige Interpretationsmöglichkeiten. Hier sind einige:

Kritik an Naivität und Selbstsicherheit: Der Müller repräsentiert Menschen, die in ihrer Selbstsicherheit naiv sind. Seine Unbekümmertheit und Unvorsichtigkeit ermöglichen es Heiner, ihn zu täuschen und sein Pferd zu stehlen. Das Märchen könnte als Kritik an Personen gesehen werden, die ihre Sicherheit oder das Gute im Menschen für selbstverständlich halten und daher anfällig für Betrug sind.

Das Überleben des Listigen: Heiner stellt den Überlebenskünstler dar, der sein Überleben in einer feindlichen Welt sichert, indem er seine Cleverness und sein Improvisationstalent einsetzt. Das Märchen könnte als Anerkennung der Schlauheit und Gerissenheit in einer Welt betrachtet werden, in der Ehrlichkeit und Rechtschaffenheit nicht immer belohnt werden.

Ironie und Humor: Die Geschichte spielt mit Ironie und Humor, insbesondere durch die Figur des Heiners. Eriner benutzt die Angst vor dem Verbrecher Zundelheiner zu seinem Vorteil, um den Müller zu täuschen und stiehlt sogar dessen Pferd. Am Ende kehrt er das Pferd ironischerweise zurück, als wäre es nur ein Streich und nicht ein Verbrechen. Diese ironische Wende könnte als Kritik an gesellschaftlichen Normen und Erwartungen interpretiert werden und dient gleichzeitig als humorvolles Element der Geschichte.

Soziale Ungerechtigkeit: Heiner, der in einem Wirtshaus sitzt und über seine schlechte Situation nachdenkt, könnte als Darstellung der unteren sozialen Schichten gesehen werden. Sein Handeln – das Täuschen und Stehlen – kann als eine Art von Widerstand gegen die bestehende soziale Ordnung interpretiert werden, die ihm, wie er glaubt, Unrecht getan hat.

Es ist zu beachten, dass alle Interpretationen subjektiv sind und verschiedene Leser das Märchen aus verschiedenen Blickwinkeln sehen können.

Zusammenfassung der Handlung

„Der Heiner und der Brassenheimer Müller“ ist ein Märchen von Johann Peter Hebel, das folgende Geschichte erzählt: Heiner sitzt traurig in einem Wirtshaus und beklagt das Unrecht, das ihm von seinem Bruder und einem Freund widerfahren ist. Während er dasitzt, hört er Gespräche über den berüchtigten Verbrecher Zundelheiner, der angeblich wieder im Land ist und von den Behörden gejagt wird. Eriner fürchtet, erkannt und gefangen zu werden, doch ein anderer Gast versichert, dass Heiner und sein Bruder im Zuchthaus sind.

Der fröhliche Brassenheimer Müller tritt ein und erwähnt sein Interesse daran, den Zundelheiner zu sehen, trotz der Warnungen der anderen Gäste. Der Müller zeigt jedoch keine Angst und ist sicher, dass er rechtzeitig durch den Fridstädter Wald und auf die Landstraße kommt, wo er sicher ist. Als Heiner dies hört, bezahlt er seine Rechnung und geht in den Wald.

Auf dem Weg trifft er einen lahmen Bettler und tauscht ihm ein Stück Brot gegen seine Krücke aus, da Heiner vorgibt, sich das Bein verstaucht zu haben. Als er den Wald erreicht, hängt er die Krücke hoch an einen Ast und setzt sich so, als wäre er lahm. Der selbstbewusste Müller reitet auf seinem stattlichen Schimmel durch den Wald und sieht Heiner. Heiner bittet den Müller um Hilfe, erzählt ihm, dass betrunkene Soldaten sein Almosen gestohlen und seine Krücke in den Baum geworfen hätten. Der gutherzige Müller steigt vom Pferd, um die Krücke zu holen.

In dem Moment, in dem der Müller abgelenkt ist, springt Heiner auf das Pferd des Müllers und reitet davon, während er dem Müller zugerufen hat, er solle den Gruß vom Zundelheiner ausrichten. Heiner reitet bis zur Mühle des Müllers, wo das Lärm der Mühle ihn verdeckt. Er bindet das Pferd vor der Mühle des Müllers fest und setzt seinen Weg zu Fuß fort.

Das Märchen enthält Elemente von Betrug und Täuschung und zeigt auch den Triumph eines cleveren und schlauen Individuums über einen wohlmeinenden, aber leichtgläubigen Charakter. Es endet mit einer ironischen Wende, bei der Heiner das Pferd zurücklässt, und setzt seinen Weg zu Fuß fort, nachdem er dem Müller einen Denkzettel verpasst hat.


Informationen für wissenschaftliche Analysen

Kennzahl
Wert
Lesbarkeitsindex nach Amstad72.2
Lesbarkeitsindex nach Björnsson37
Flesch-Reading-Ease Index60.3
Flesch–Kincaid Grade-Level10.2
Gunning Fog Index10.6
Coleman–Liau Index11.3
SMOG Index11.3
Automated Readability Index11.1
Zeichen-Anzahl3.955
Anzahl der Buchstaben3.097
Anzahl der Sätze31
Wortanzahl672
Durchschnittliche Wörter pro Satz21,68
Wörter mit mehr als 6 Buchstaben103
Prozentualer Anteil von langen Wörtern15.3%
Silben gesamt989
Durchschnittliche Silben pro Wort1,47
Wörter mit drei Silben62
Prozentualer Anteil von Wörtern mit drei Silben9.2%
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