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Es war einmal eine fromme Jungfrau, die gelobte Gott, nicht zu heiraten, und war wunderschön, so dass es ihr Vater nicht zugeben und sie gern zur Ehe zwingen wollte. In dieser Not flehte sie Gott an, dass er ihr einen Bart wachsen lassen sollte, welches also gleich geschah; aber der König ergrimmte und ließ sie an’s Kreutz schlagen, da ward sie eine Heilige.
Nun geschah es, dass ein gar armer Spielmann in die Kirche kam, wo ihr Bildnis stand, kniete davor nieder, da freute es die Heilige, dass dieser zuerst ihre Unschuld anerkannte, und das Bild, das mit wertvollen Pantoffeln angetan war, ließ einen davon los- und herunterfallen, damit er dem Pilgrim zu gut käme. Der neigte sich dankbar und nahm die Gabe.
Bald aber wurde der Goldschuh in der Kirchen vermisst, und geschah allenthalben Frage, bis er zuletzt bei dem armen Geigerlein gefunden, auch es als ein böser Dieb verdammt und ausgeführt wurde, um zu hangen. Unterwegs aber ging der Zug an dem Gotteshaus vorbei, wo die Bildsäule stand, begehrte der Spielmann hineingehen zu dürfen, dass er zu guter Letzt Abschied nähme mit seinem Geiglein und seiner Gutthäterin die Not seines Herzens klagen könnte.
Dies wurde ihm nun erlaubt. Kaum aber hat er den ersten Strich getan, siehe, so ließ das Bild auch den anderen wertvollen Pantoffel herabfallen, und zeigte damit, dass er des Diebstahls unschuldig wäre. Also wurde der Geiger der Eisen und Bande ledig, zog vergnügt seiner Straßen, die heilige Jungfrau aber hieß Kummernis.

Hintergründe
Interpretationen
Adaptionen
Zusammenfassung
Handlung
Textanalyse
„Die heilige Frau Kummernis“ (KHM 152a) ist eine Legende, die in den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm erschien, im zweiten Teil der ersten Auflage von 1815. Die Geschichte stammt aus Andreas Strobls „Ovum paschale oder Neugefärbte Oster-Ayr“ von 1700. Die Legende hat ihren Ursprung in christlichen und volkstümlichen Überlieferungen und wurde später in die Sammlung der Brüder Grimm aufgenommen.
Hintergründe zur Legende: Die Legende von der Kümmernis: Die Kümmernis ist eine Gestalt aus der christlichen Ikonographie, die als Frau mit Bart dargestellt wird. Sie wird oft mit dem Leiden Christi in Verbindung gebracht und kann als Symbol für das erlittene Leid und die Frömmigkeit der Frau in der Legende betrachtet werden. Die Kümmernis findet sich in vielen mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Darstellungen und Texten, die die Jungfrau mit dem Bart als Heilige verehren.
Zusammenhang mit anderen Märchen: Die Geschichte von „Die heilige Frau Kummernis“ hat thematische Parallelen zu anderen Märchen der Brüder Grimm, wie „Allerleirauh“ (KHM 65) und „Dat Mäken von Brakel“ (KHM 139). Diese Märchen behandeln ebenfalls Themen wie weibliche Frömmigkeit, Verfolgung und die Suche nach Erlösung.
Volkstümliche und religiöse Einflüsse: Die Legende ist ein Beispiel dafür, wie volkstümliche Überlieferungen und christliche Ikonographie miteinander verschmelzen. Die Geschichte zeigt, wie die Jungfrau durch ihre Frömmigkeit und das Leiden, das sie auf sich nimmt, zur Heiligen wird. Diese Vermischung von Volks- und Kirchenglauben war typisch für die Zeit, in der die Brüder Grimm ihre Sammlung von Märchen und Sagen zusammentrugen.
Die Bedeutung des Spielmanns: Der Spielmann, der in der Legende eine zentrale Rolle spielt, kann als eine Art Vermittler zwischen der irdischen und der göttlichen Welt betrachtet werden. Durch seine Musik und seinen Glauben an die Heilige wird er letztendlich von der Anschuldigung des Diebstahls befreit. Dies zeigt, dass auch in einer Welt voller Unrecht und Leid Glaube und Musik eine erlösende Kraft haben können.
Die Legende „Die heilige Frau Kummernis“ zeigt, wie religiöse und volkstümliche Erzähltraditionen miteinander verwoben sind und bietet einen Einblick in die Werte und Vorstellungen der Zeit, in der die Brüder Grimm ihre Sammlung von Märchen und Sagen zusammenstellten.
„Die heilige Frau Kummernis“ (KHM 152a) von den Gebrüdern Grimm ist eine Legende, die mehrere Interpretationsmöglichkeiten bietet. Hier sind einige Ansätze, um das Märchen aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten:
Frömmigkeit und Leid als Weg zur Heiligkeit: Die Geschichte zeigt die Jungfrau, die aus tiefer Frömmigkeit heraus beschließt, nicht zu heiraten. Durch ihr Gebet um einen Bart und ihre anschließende Kreuzigung zeigt sie ihre Hingabe an Gott und ihre Bereitschaft, Leid zu ertragen. In dieser Interpretation kann das Märchen als Beispiel für den Glauben an das Übernatürliche und das Streben nach Heiligkeit verstanden werden.
Weiblicher Widerstand und Selbstbestimmung: Die heilige Frau Kummernis wehrt sich gegen die Erwartungen ihres Vaters und der Gesellschaft, zu heiraten. Sie kämpft für ihr Recht auf Selbstbestimmung und wird schließlich zur Heiligen. In dieser Hinsicht kann das Märchen als eine Geschichte des weiblichen Widerstands und der Selbstbehauptung gesehen werden.
Gerechtigkeit und die Macht des Glaubens: Der Spielmann wird fälschlicherweise des Diebstahls beschuldigt, aber sein Glaube an die Heilige und seine Musik ermöglichen es ihm, seine Unschuld zu beweisen. Dies zeigt, dass in einer Welt voller Unrecht und Leid der Glaube und die Hoffnung auf Gerechtigkeit über das Böse triumphieren können.
Die Verbindung von Musik und Transzendenz: Der Spielmann spielt eine zentrale Rolle in der Legende und repräsentiert die Verbindung zwischen der irdischen und der göttlichen Welt. Seine Musik ermöglicht es ihm, göttliche Gnade zu erfahren und seine Unschuld zu beweisen. In dieser Interpretation kann das Märchen als eine Darstellung der erlösenden Kraft von Kunst und Musik gesehen werden.
Kritik an starren gesellschaftlichen Normen: Die Legende von der heiligen Frau Kummernis kann auch als Kritik an den starren gesellschaftlichen Normen und Erwartungen an Frauen in der damaligen Zeit verstanden werden. Die Jungfrau wird zur Heiligen, indem sie sich diesen Normen widersetzt und ihren eigenen Weg geht.
„Die heilige Frau Kummernis“ (KHM 152a) von den Gebrüdern Grimm bietet vielfältige Interpretationsmöglichkeiten und gibt einen Einblick in die gesellschaftlichen Werte und Vorstellungen der Zeit, in der das Märchen entstanden ist. Es zeigt das Streben nach Frömmigkeit, Selbstbestimmung und Gerechtigkeit und die Bedeutung von Kunst und Musik in der menschlichen Erfahrung.
„Die heilige Frau Kummernis“ war nur in der ersten Ausgabe von 1815 enthalten und wurde in der zweiten Ausgabe 1819 entfernt, weil sie zu sehr dem „Ovum Paschale Novum“, einer Legende von Andreas Strobl, ähnelte. Strobls Legende scheint auf dem mittelalterlichen Volkskult der Heiligen Wilgefortis zu beruhen. Obwohl „Die heilige Frau Kummernis“ (KHM 152a) nicht zu den bekanntesten Märchen der Gebrüder Grimm gehört, gibt es einige Adaptionen und künstlerische Verarbeitungen der Legende:
Literatur: „Der Geiger zu Gmünd“ von Justinus Kerner (1816): Dieses Gedicht basiert auf der Legende der heiligen Frau Kummernis und stellt den Spielmann in den Mittelpunkt. In dieser dichterischen Gestaltung wird der Spielmann als ein ehrlicher und frommer Mann dargestellt, der durch seinen Glauben an die Heilige seine Unschuld beweisen kann. „Deutsche Sagen“ von den Gebrüdern Grimm (Nr. 330): Die Brüder Grimm haben die Legende von der heiligen Frau Kummernis auch in ihre Sammlung „Deutsche Sagen“ aufgenommen, wo sie als „Die Jungfrau mit dem Bart“ bezeichnet wird. Die Adaption enthält ähnliche Elemente wie in der Version aus den Kinder- und Hausmärchen, betont jedoch stärker die Rolle des Bartes und die Heiligsprechung der Jungfrau.
Bildende Kunst: In verschiedenen Kirchen und religiösen Gebäuden finden sich Darstellungen der heiligen Frau Kummernis bzw. der Kümmernis als Heilige mit Bart. Diese Ikonographie geht zurück auf das mittelalterliche „Venusmirakel Tumbeor Nostre Dame“ und zeigt den Einfluss der Legende auf die christliche Kunst.
Theaterstücke und Aufführungen: Die Legende der heiligen Frau Kummernis wurde in der Vergangenheit in lokalen Theateraufführungen oder als Schauspiel inszeniert, oft im Rahmen von religiösen Festen oder Prozessionen. Diese Aufführungen können die Geschichte des Märchens, die Rolle des Spielmanns und die Heiligsprechung der Jungfrau in den Vordergrund stellen.
Die Legende der heiligen Frau Kummernis kann in modernen Erzählungen und literarischen Werken neu interpretiert werden, indem sie beispielsweise in einen zeitgenössischen Kontext gesetzt oder aus der Perspektive verschiedener Charaktere erzählt wird. Solche Adaptionen können das Märchen aktualisieren und neue Aspekte hervorheben, wie zum Beispiel die Bedeutung von weiblicher Selbstbestimmung und Gerechtigkeit in der heutigen Gesellschaft. Insgesamt gibt es verschiedene Adaptionen und künstlerische Verarbeitungen des Märchens „Die heilige Frau Kummernis“ (KHM 152a) von den Gebrüdern Grimm, die den Inhalt und die Themen der Legende auf unterschiedliche Weise interpretieren und präsentieren.
„Die heilige Frau Kummernis“ (KHM 152a) ist eine Legende aus den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm. Die Handlung dreht sich um eine fromme Jungfrau, die aus religiöser Hingabe nicht heiraten möchte. Ihr Vater versucht, sie zum Heiraten zu zwingen, woraufhin sie Gott um einen Bart bittet, um ihre Unverheiratbarkeit zu demonstrieren. Gott erhört ihr Gebet, und sie bekommt einen Bart. Die Jungfrau wird gekreuzigt und daraufhin als Heilige verehrt.
In der Geschichte tritt ein Spielmann auf, der vor dem Bild der heiligen Frau Kummernis betet. Plötzlich fällt ein Goldschuh von ihrem Bild. Der Spielmann wird des Diebstahls beschuldigt, erhält jedoch die Erlaubnis, noch einmal zur Heiligen zu gehen. Sobald er auf seiner Geige spielt, fällt auch der zweite Goldschuh herab, und seine Unschuld wird bewiesen. Die Legende illustriert die Kraft von Frömmigkeit, Musik und Glauben und zeigt die erlösende Rolle des Spielmanns in der Geschichte.
Eine Prinzessin namens Kummernis war ihrer Religion sehr ergeben und schwor vor Gott, dass sie Jungfrau bleiben und niemanden heiraten würde. Als ihr Vater, der König, fest entschlossen war, sie zu verheiraten, betete sie und wünschte sich, dass ein Bart auf ihrem Gesicht wachsen möge, damit kein Mann sie heiraten wollte. Ihr Gebet wurde erhört, und der König beschloss voller Empörung, sie zu kreuzigen. Nach ihrem Tod wurde sie eine Heilige, und eine Statue von ihr wurde in einer Kirche aufgestellt.
Eines Tages kniete ein armer Musiker vor der Statue nieder, um vor ihr zu beten. Der Heilige Kummernis war sehr glücklich und gab ihm einen ihrer goldenen Schuhe, den er fröhlich mit nach Hause nahm. Später kam jedoch die Nachricht heraus, dass einer der goldenen Schuhe fehlte. Als man ihn bei dem Musiker fand, wurde er des Diebstahls beschuldigt und verhaftet. Er flehte seine Gefängniswärter an, ihn zur Kirche zu bringen. Als sie in der Kirche ankamen, gab ihm die Heilige Kummernis ihren anderen goldenen Schuh und bewies damit seine Unschuld. Der Musiker wurde freigelassen.
Die Erzählung „Die heilige Frau Kummernis“ der Brüder Grimm ist ein faszinierendes Beispiel für die Verwendung von religiösen und sozialen Motiven in Märchen. Eine linguistische Analyse dieses Textes kann verschiedene Aspekte aufdecken, die zur Komplexität und Bedeutung der Erzählung beitragen.
Syntax und Stil: Der Text nutzt eine formale, altertümliche Sprache, die zur märchenhaften Atmosphäre beiträgt. Lange, komplizierte Satzstrukturen mit mehreren Nebensätzen sind typisch für die Erzählweise der Brüder Grimm. Dies verleiht der Geschichte einen bedeutsamen und ernsten Ton.
Wortwahl und Bedeutungen: Wichtige Begriffe wie „fromme Jungfrau“, „gelobte Gott“ und „heilige“ betonen die religiöse Dimension der Geschichte. Die Begriffe „Kreutz schlagen“ und „Heilige“ weisen auf das Märtyrertum und die Heiligsprechung hin, was zentrale Themen der Erzählung sind. Die Worte „unschuldig“ und „Dieb“ schaffen einen moralischen Kontrast, der die Gerechtigkeitsthematik unterstreicht.
Motivik und Symbole: Das Motiv des ungewollten Bartwuchses ist ein zentraler Punkt, da er als Symbol für den Wunsch der Jungfrau steht, ihrer gewählten Lebensweise treu zu bleiben. Die Pantoffeln hingegen sind Symbole für Gnade und Rechtfertigung, da sie zweimal herabfallen, um Unschuld zu beweisen.
Narrative Struktur und Themen: Die Geschichte folgt einer typischen Märchenstruktur mit Problem (Zwang zur Heirat), wundersamer Lösung (Bartwuchs), Konflikt (Anklage des Spielmannes), und Auflösung (Freispruch durch göttliches Eingreifen). Die Themen umfassen gottgefälligen Gehorsam, Gerechtigkeit und die Belohnung von Frömmigkeit.
Religiöser Kontext: Die Erzählung kann als eine Parabel für die Anerkennung von Unschuld und göttlicher Gerechtigkeit gelesen werden. Sie spiegelt mittelalterliche und vormoderne religiöse Glaubensvorstellungen wider, indem sie Heiligenverehrung und Wundertaten betont.
Zusammenfassend offenbart die linguistische Analyse von „Die heilige Frau Kummernis“ eine reiche Schicht von Bedeutungen und stilistischen Elementen, die sowohl zur moralischen als auch zur erzählerischen Tiefe des Märchens beitragen.
Informationen für wissenschaftliche Analysen
Kennzahl | Wert |
---|---|
Nummer | KHM 152a |
Lesbarkeitsindex nach Amstad | 61.1 |
Lesbarkeitsindex nach Björnsson | 50.1 |
Flesch-Reading-Ease Index | 46.8 |
Flesch–Kincaid Grade-Level | 12 |
Gunning Fog Index | 14.1 |
Coleman–Liau Index | 12 |
SMOG Index | 12 |
Automated Readability Index | 12 |
Zeichen-Anzahl | 1.509 |
Anzahl der Buchstaben | 1.207 |
Anzahl der Sätze | 9 |
Wortanzahl | 247 |
Durchschnittliche Wörter pro Satz | 27,44 |
Wörter mit mehr als 6 Buchstaben | 56 |
Prozentualer Anteil von langen Wörtern | 22.7% |
Silben gesamt | 386 |
Durchschnittliche Silben pro Wort | 1,56 |
Wörter mit drei Silben | 25 |
Prozentualer Anteil von Wörtern mit drei Silben | 10.1% |