Vorlesezeit für Kinder: 4 min
Achtung: Es handelt sich um eine Grusel-Geschichte.
Es war ein König und eine Königin, die hatte eine bitterböse Schwiegermutter. Einmal zog der König ins Feld, da ließ die alte Königin ihre Schwieger unten in einen dumpfigen Keller einsperren, und ihre zwei Söhnlein zu ihr.
Eines Tags nun sprach sie zu sich selbst:
„Ich hätte so Lust das eine von den Kindern zu essen“, rief ihren Koch und hieß ihn hinuntersteigen, das eine Söhnlein zu nehmen, zu schlachten und zuzurichten.
„Mit was für einer Brühe?“ fragte der Koch. Mit einer braunen, sprach die alte Königin.
Da ging der Koch in den Keller und sprach:
„Ach Frau Königin, die alte Frau Königin will haben, ich soll heut Abend Euren einen Sohn schlachten und kochen.“
Da war die junge Königin herzlich betrübt und sagte:
„Ach, wollen wir nicht ein Schweinchen nehmen, das koch doch so, wie sie’s haben will, und sprich, es wäre mein Kind gewesen.“
Der Koch tat so und trug das Schweinchen in brauner Brühe auf, „da wäre das Kind,“ und sie aß es auf mit großem Appetit.
Bald darauf dachte die Alte: das Kinderfleisch hat mir so zart geschmeckt, du willst das zweite auch essen, rief den Koch und hieß ihn in den Keller gehen, und den zweiten Sohn schlachten.
„Mit was für einer Brühe soll ich ihn kochen?“
„Ei, mit einer weißen“, sprach die alte Königin. Der Koch ging hinunter und sagte: „Ach, die alte Frau Königin hat mich geheißen, dass ich nun auch euer zweites, kleines Söhnlein schlachten und kochen soll.“
Die junge Königin sprach: „Nimm doch ein Spanferkelchen und koch es, wie sie’s gern haben will.“
Das tat der Koch, und setzte es der Alten vor in einer weißen Brühe, und sie speiste es mit noch größerem Appetit. Endlich dachte die Alte: „Nun sind die Kinder in meinem Leib, du willst nun auch die junge Königin essen“, rief den Koch und befahl ihm die junge Königin zu kochen.
Hintergründe zum Märchen „Die Schwiegermutter“
„Die Schwiegermutter“ (KHM 84a) ist ein Fragment eines Märchens aus den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm, das in der ersten Auflage von 1812 enthalten war. Die Geschichte wurde später im Anmerkungsband unter „Bruchstücke“ als Nr. 5 „Die böse Schwiegermutter“ aufgenommen. Obwohl das Märchen nicht so bekannt ist wie viele andere Werke der Grimms, bietet es einige interessante Hintergründe.
Sammlung und Aufzeichnung: Die Gebrüder Grimm sammelten ihre Märchen aus verschiedenen Quellen, einschließlich mündlicher Überlieferungen und schriftlicher Aufzeichnungen. Laut einer Notiz von Wilhelm Grimm stammt der Text von „Die Schwiegermutter“ von Hassenpflugs, einer Familie, die den Grimms einige ihrer Märchen lieferte. Die Geschichte wurde am 18. April 1811 aufgezeichnet.
Beziehungen zu anderen Märchen: „Die Schwiegermutter“ weist Parallelen zu anderen Märchen auf, die die Brüder Grimm in ihren Sammlungen veröffentlichten. In den Anmerkungen der Geschichte werden Verbindungen zu Charles Perraults „La belle au bois dormant“ (Dornröschen) und Giambattista Basiles „Pentameron“ V,5 „Sonne, Mond und Thalia“ erwähnt. Weitere Geschichten aus der Sammlung der Grimms, die thematisch verwandt sind, sind KHM 49 „Die sechs Schwäne“ und KHM 53 „Schneewittchen“.
Motive und Themen: Wie in vielen anderen Märchen der Grimms steht auch in „Die Schwiegermutter“ das Motiv der bösen Stiefmutter bzw. Schwiegermutter im Mittelpunkt. Die Geschichte zeigt, wie die Schwiegermutter ihre Macht missbraucht und versucht, ihre Schwiegertochter und deren Kinder zu töten. Dieses Motiv ist in vielen anderen Märchen der Grimms präsent, was auf die damalige kulturelle Bedeutung von Stiefmüttern und Schwiegermüttern als potenzielle Bedrohung für die Familie hindeutet.
Fragmentarischer Charakter: Im Gegensatz zu vielen anderen Geschichten der Brüder Grimm ist „Die Schwiegermutter“ unvollständig. Der Fortgang der Handlung wird nur in Klammern angedeutet und bleibt daher offen für Interpretationen. Dieser fragmentarische Charakter trägt zur geheimnisvollen und unheimlichen Atmosphäre der Geschichte bei und ermöglicht es den Lesern, ihre eigene Vorstellung von der Fortsetzung und dem Ende der Geschichte zu entwickeln.
Interpretationen zum Märchen „Die Schwiegermutter“
Obwohl das Märchen „Die Schwiegermutter“ (KHM 84a) von den Gebrüder Grimm ein Fragment ist, lassen sich verschiedene Interpretationen und Analysen der Geschichte vornehmen. Hier sind einige mögliche Interpretationen:
Familienkonflikte: Die Geschichte kann als Darstellung von Familienkonflikten und Machtspielen gesehen werden. Die böse Schwiegermutter nutzt die Abwesenheit des Königs, um ihre Schwiegertochter und Enkelkinder zu schikanieren und ihnen Schaden zuzufügen. Dieses Thema zeigt die möglichen Gefahren innerhalb einer Familie, insbesondere wenn es um Rivalitäten und Eifersucht geht.
Weibliche Solidarität: Trotz der bösen Absichten der Schwiegermutter zeigt die Geschichte auch Momente der weiblichen Solidarität. Die Königin und die Dienerin arbeiten zusammen, um die Kinder vor dem grausamen Schicksal zu bewahren, das ihnen von der Schwiegermutter zugedacht ist. Diese Zusammenarbeit zeigt, dass Frauen in schwierigen Situationen zusammenhalten und sich gegenseitig unterstützen können.
Überleben und List: Die Königin beweist in der Geschichte ihre Klugheit und List, indem sie den Diener davon überzeugt, statt ihrer Kinder ein Schwein und ein Ferkel zu nehmen. Diese Fähigkeit zur Täuschung ermöglicht es ihr, ihre Familie vor den bösen Absichten der Schwiegermutter zu schützen. Dieses Motiv verdeutlicht die Bedeutung von Überlebensinstinkt und Intelligenz in gefährlichen Situationen.
Unvollständige Handlung: Da die Geschichte ein Fragment ist, bleibt der weitere Verlauf der Handlung offen für Interpretationen. Diese Unvollständigkeit kann als künstlerisches Mittel gesehen werden, das den Lesern ermöglicht, ihre eigene Vorstellung von der Fortsetzung und dem Ende der Geschichte zu entwickeln. Diese Offenheit könnte auch dazu beitragen, die Spannung und das Interesse an der Geschichte aufrechtzuerhalten, da die Leser neugierig auf das Schicksal der Königin und ihrer Kinder sind.
Reflexion gesellschaftlicher Normen: Die Darstellung der bösen Schwiegermutter könnte auch als Reflexion der damaligen gesellschaftlichen Normen und Erwartungen an Frauen gesehen werden. Die Schwiegermutter wird als eine Bedrohung für die Familie dargestellt, was auf die damalige Vorstellung von Stiefmüttern und Schwiegermüttern als potenziell gefährliche Figuren innerhalb der Familienstruktur hindeutet. Diese Interpretation zeigt, wie Märchen die kulturellen Werte und Ängste ihrer Zeit widerspiegeln können.
Adaptionen zum Märchen „Die Schwiegermutter“
Da „Die Schwiegermutter“ (KHM 84a) von den Gebrüder Grimm ein fragmentarisches Märchen ist, das nicht die gleiche Bekanntheit erlangt hat wie viele andere Geschichten der Grimms, gibt es nur wenige Adaptionen und konkrete Beispiele. Hier sind einige mögliche Adaptionen und Verweise, die auf das Märchen Bezug nehmen könnten:
Theater: Aufgrund der offenen Handlung und des fragmentarischen Charakters des Märchens könnte „Die Schwiegermutter“ als Grundlage für ein Theaterstück oder eine Dramatisierung dienen, bei der Autoren und Regisseure ihre eigene Fortsetzung der Handlung entwickeln und verschiedene Interpretationen der Geschichte erkunden können.
Kurzfilme und Animationen: Filmemacher könnten die Geschichte von „Die Schwiegermutter“ als Inspiration für Kurzfilme oder Animationen nutzen, die sich auf die Themen Familie, Macht, Überleben und List konzentrieren. Die offene Handlung ermöglicht es den Filmemachern, ihre eigene Version des Endes der Geschichte zu entwickeln und neue Elemente hinzuzufügen.
Literarische Adaptionen und Fortsetzungen: Autoren könnten das Märchen „Die Schwiegermutter“ als Inspiration für eigene literarische Werke oder Fortsetzungen nutzen, in denen sie die Handlung vervollständigen und ihre eigene Interpretation der Geschichte anbieten. Dies könnte in Form von Kurzgeschichten, Romanen oder Erzählungen geschehen.
Bildende Kunst: Künstler könnten sich von der Geschichte „Die Schwiegermutter“ inspirieren lassen und ihre Interpretationen der Figuren und Szenen aus dem Märchen in Form von Illustrationen, Gemälden oder Skulpturen darstellen.
Da es bisher keine bekannten konkreten Beispiele für Adaptionen von „Die Schwiegermutter“ gibt, bieten die oben genannten Vorschläge Möglichkeiten, wie das Märchen in verschiedenen kreativen Medien adaptiert und interpretiert werden könnte.
Zusammenfassung der Handlung
„Die Schwiegermutter“ (KHM 84a) ist ein fragmentarisches Märchen aus den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm. Die Handlung dreht sich um eine böse Schwiegermutter, die ihre Schwiegertochter, die Königin, und deren zwei Söhne im Keller einsperrt, während der König im Krieg ist. Die Schwiegermutter befiehlt einem Diener, das eine Kind in brauner Soße und das andere in weißer Soße zu kochen.
Die Königin überzeugt den Diener jedoch, stattdessen ein Schwein und ein Ferkel zu nehmen, um ihre Kinder zu retten. Die Schwiegermutter will anschließend auch die Königin essen. Der weitere Verlauf der Geschichte bleibt offen und wird nur in Klammern angedeutet, wobei eine Hirschkuh geschlachtet wird und die Kinder weinen, aber nicht gehört werden dürfen.
Informationen für wissenschaftliche Analysen
Kennzahl | Wert |
---|---|
Nummer | KHM 84a |
Aarne-Thompson-Uther-Index | ATU Typ 410 |
Lesbarkeitsindex nach Amstad | 80 |
Lesbarkeitsindex nach Björnsson | 32.1 |
Flesch-Reading-Ease Index | 69.4 |
Flesch–Kincaid Grade-Level | 7.7 |
Gunning Fog Index | 7.8 |
Coleman–Liau Index | 10.7 |
SMOG Index | 9.8 |
Automated Readability Index | 8.1 |
Zeichen-Anzahl | 1.862 |
Anzahl der Buchstaben | 1.415 |
Anzahl der Sätze | 19 |
Wortanzahl | 314 |
Durchschnittliche Wörter pro Satz | 16,53 |
Wörter mit mehr als 6 Buchstaben | 49 |
Prozentualer Anteil von langen Wörtern | 15.6% |
Silben gesamt | 448 |
Durchschnittliche Silben pro Wort | 1,43 |
Wörter mit drei Silben | 25 |
Prozentualer Anteil von Wörtern mit drei Silben | 8% |