Vorlesezeit für Kinder: 5 min
Achtung: Es handelt sich um eine Grusel-Geschichte.
Erster Teil
In einer Stadt, Franecker genannt, gelegen in Westfriesland, da ist es geschehen, dass junge Kinder, fünf- und sechsjährige, Mägdlein und Knaben, miteinander spielten. Und sie ordneten ein Büblein an, das solle der Metzger sein, ein anderes Büblein, das solle Koch sein, und ein drittes Büblein, das solle eine Sau sein. Ein Mägdlein, ordneten sie, solle Köchin sein, wieder ein anderes, das solle Unterköchin sein. Und die Unterköchin solle in einem Geschirrlein das Blut von der Sau empfahlen, dass man Würste könne machen.
Der Metzger geriet nun verabredetermaßen an das Büblein, das die Sau sollte sein, riss es nieder und schnitt ihm mit einem Messerlein die Gurgel auf, und die Unterköchin empfing das Blut in ihrem Geschirrlein. Ein Ratsherr, der von ungefähr vorübergeht, sieht dies Elend: er nimmt von Stunde an den Metzger mit sich und führt ihn in des Obersten Haus, welcher sogleich den ganzen Rat versammeln ließ. Sie saßen all über diesen Handel und wussten nicht, wie sie ihm tun sollten, denn sie sahen wohl, dass es kindlicher Weise geschehen war.
Einer unter ihnen, ein alter weiser Mann, gab den Rat, der oberste Richter solle einen schönen roten Apfel in eine Hand nehmen, in die andere einen rheinischen Gulden, solle das Kind zu sich rufen und beide Hände gleich gegen dasselbe ausstrecken: nehme es den Apfel, so soll es ledig erkannt werden, nehme es aber den Gulden, so solle man es töten. Dem wird gefolgt, das Kind aber ergreift den Apfel lachend, wird also aller Strafe ledig erkannt.
Zweiter Teil
Einstmals hat ein Hausvater ein Schwein geschlachtet, das haben seine Kinder gesehen; als sie nun Nachmittag miteinander spielen wollen, hat das eine Kind zum anderen gesagt: „Du sollst das Schweinchen und ich der Metzger sein“; hat darauf ein bloß Messer genommen und es seinem Brüderchen in den Hals gestoßen. Die Mutter, welche oben in der Stube saß und ihr jüngstes Kindlein in einem Zuber badete, hörte das Schreien ihres anderen Kindes, lief alsbald hinunter, und als sie sah, was vorgegangen, zog sie das Messer dem Kind aus dem Hals und stieß es im Zorn dem anderen Kind, welches der Metzger gewesen, ins Herz.
Darauf lief sie alsbald nach der Stube und wollte sehen, was ihr Kind in dem Badezuber mache, aber es war unterdessen in dem Bad ertrunken. Deswegen dann die Frau so voller Angst ward, dass sie in Verzweiflung geriet, sich von ihrem Gesinde nicht wollte trösten lassen, sondern sich selbst erhängte. Der Mann kam vom Felde, und als er dies alles gesehen, hat er sich so betrübt, dass er kurz darauf gestorben ist.
Hintergründe zum Märchen „Wie Kinder Schlachtens miteinander gespielt haben“
Das Märchen „Wie Kinder Schlachtens miteinander gespielt haben“ (KHM 22a) stammt aus der ersten Auflage der Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm aus dem Jahr 1812. Die Geschichten in dieser Sammlung wurden von verschiedenen Quellen zusammengetragen, darunter mündliche Überlieferungen, schriftliche Aufzeichnungen und Volkslieder. Es ist jedoch unklar, woher genau die Brüder Grimm die Inspiration für dieses spezielle Märchen hatten.
Die beiden Geschichten, die unter dem Titel „Wie Kinder Schlachtens miteinander gespielt haben“ zusammengefasst sind, thematisieren die Nachahmung von Erwachsenen durch Kinder und die möglichen tragischen Konsequenzen solchen Verhaltens. Das Märchen zeigt, wie Kinder von den Handlungen ihrer Eltern und der Gesellschaft beeinflusst werden und welche schwerwiegenden Folgen das Nachahmen von gewalttätigen Handlungen haben kann.
Die Erzählungen wurden aufgrund ihrer Grausamkeit und der Gefahr der Nachahmung von Kindern kritisiert. Achim von Arnim war einer der Kritiker, der die Geschichten als ungeeignet für Kinder ansah. Wilhelm Grimm verteidigte das Märchen und argumentierte, dass es Kinder dazu bringen könnte, vorsichtiger und ängstlicher bei ihren Spielen zu sein. Trotzdem wurde das Märchen ab der zweiten Auflage der Märchensammlung entfernt.
Die Themen des Märchens „Wie Kinder Schlachtens miteinander gespielt haben“ sind auch heute noch relevant, da sie die Frage aufwerfen, inwieweit Kinder von ihrer Umgebung und den Handlungen der Erwachsenen beeinflusst werden und welche Rolle die Darstellung von Gewalt in Geschichten und Medien spielt. Das Märchen regt zur Reflexion über die Verantwortung der Erwachsenen an, Kindern ein gutes Vorbild zu sein und ihnen die Unterscheidung zwischen Spiel und Realität beizubringen.
Interpretationen zum Märchen „Wie Kinder Schlachtens miteinander gespielt haben“
Das Märchen „Wie Kinder Schlachtens miteinander gespielt haben“ (KHM 22a) von den Gebrüdern Grimm bietet mehrere Interpretationsmöglichkeiten und kann als Aufforderung zur Reflexion über verschiedene Themen wie Gewalt, Verantwortung und die Rolle von Erwachsenen im Leben von Kindern dienen. Hier sind einige Interpretationsansätze:
Nachahmung von Erwachsenen: Das Märchen zeigt, wie Kinder dazu neigen, das Verhalten und die Handlungen von Erwachsenen zu imitieren. Dies kann als Mahnung für Erwachsene verstanden werden, sich ihrer Vorbildfunktion bewusst zu sein und darauf zu achten, welche Verhaltensweisen sie ihren Kindern vorleben.
Darstellung von Gewalt: Die Geschichten thematisieren auch die Frage, wie Gewalt in Geschichten und Medien dargestellt wird und welche Auswirkungen dies auf Kinder haben kann. Die Kritik an der Grausamkeit des Märchens und die Entfernung aus späteren Ausgaben der Märchensammlung weisen auf die Notwendigkeit hin, die Darstellung von Gewalt und ihre möglichen Konsequenzen für Kinder zu überdenken.
Verantwortung und Konsequenzen: Die tragischen Ereignisse in den Geschichten zeigen die schwerwiegenden Folgen von unbedachtem Handeln und mangelnder Aufsicht durch Erwachsene. Das Märchen kann als Warnung verstanden werden, dass sowohl Kinder als auch Erwachsene für ihre Handlungen verantwortlich sind und die Konsequenzen dieser Handlungen tragen müssen.
Unschuld und Urteilsvermögen: In der ersten Geschichte wird die Unschuld des Kindes, das die Rolle des Metzgers spielt, durch einen weisen Mann und den Richter erkannt. Dies zeigt, dass Kinder oft nicht die Fähigkeit besitzen, zwischen Realität und Spiel zu unterscheiden, und dass Erwachsene ihnen dabei helfen müssen, diese Unterscheidung zu treffen.
Bedeutung der Erziehung: Das Märchen betont die wichtige Rolle, die Erwachsene bei der Erziehung und Orientierung von Kindern spielen. Es zeigt, wie wichtig es ist, Kindern die Unterscheidung zwischen Spiel und Realität beizubringen und ihnen die moralischen und ethischen Grundlagen für ein verantwortungsbewusstes Handeln zu vermitteln.
Insgesamt kann das Märchen „Wie Kinder Schlachtens miteinander gespielt haben“ als Aufforderung verstanden werden, über die Verantwortung von Erwachsenen und die Darstellung von Gewalt in Geschichten und Medien nachzudenken, um die negativen Auswirkungen auf Kinder zu minimieren.
Adaptionen zum Märchen „Wie Kinder Schlachtens miteinander gespielt haben“
Da das Märchen „Wie Kinder Schlachtens miteinander gespielt haben“ (KHM 22a) von den Gebrüdern Grimm aufgrund seiner Grausamkeit und der Gefahr der Nachahmung kritisiert wurde und aus späteren Ausgaben der Märchensammlung entfernt wurde, gibt es nicht viele bekannte Adaptionen des Märchens. Es ist eher eines der weniger populären Märchen der Brüder Grimm, was dazu führt, dass es weniger Adaptionen und künstlerische Interpretationen gibt als bei anderen bekannteren Märchen. Dennoch können einige weniger bekannte Beispiele von Adaptionen und Interpretationen gefunden werden:
Theateraufführungen: Einige Theatergruppen und -schulen haben das Märchen auf die Bühne gebracht, oft mit Anpassungen und Modernisierungen, um es für ein zeitgenössisches Publikum zugänglicher zu machen. Dabei können sie das Thema der Nachahmung von Gewalt und die Rolle von Erwachsenen als Vorbilder hervorheben und die Grausamkeit des Originals reduzieren.
Bildende Kunst: Künstler haben sich von dem Märchen inspirieren lassen, um Kunstwerke zu schaffen, die verschiedene Aspekte der Geschichte darstellen oder interpretieren. Diese Werke können sich auf die Nachahmung von Gewalt durch Kinder, die Unschuld der Protagonisten oder die tragischen Konsequenzen der Handlungen konzentrieren.
Literarische Bearbeitungen: Obwohl es keine weit verbreiteten literarischen Adaptionen des Märchens gibt, könnten einige Autoren das Märchen als Inspiration für ihre eigenen Geschichten verwenden, indem sie die zentralen Themen und Motive anpassen, um sie für ein modernes Publikum relevanter oder ansprechender zu machen.
Da „Wie Kinder Schlachtens miteinander gespielt haben“ kein populäres Märchen ist, sind konkrete Beispiele von Adaptionen schwierig zu finden. Es ist jedoch möglich, dass lokale Künstler, Theatergruppen oder Schriftsteller das Märchen in ihren Werken aufgegriffen und adaptiert haben, um die darin enthaltenen Themen und Botschaften zu untersuchen.
Zusammenfassung des Märchen „Wie Kinder Schlachtens miteinander gespielt haben“
„Wie Kinder Schlachtens miteinander gespielt haben“ (KHM 22a) von den Gebrüdern Grimm besteht aus zwei Geschichten, die sich mit Kindern befassen, die das Schlachten von Tieren nachspielen, wobei beide Situationen tragisch enden. In der ersten Geschichte spielen Kinder in Franeker, Westfriesland, verschiedene Rollen und stellen das Schlachten eines Schweins nach. Ein Ratsherr beobachtet das Spiel und bringt den „Metzger“ vor Gericht. Ein weiser Mann empfiehlt dem Richter, dem Kind einen Apfel und einen Gulden hinzustrecken.
Das Kind entscheidet sich für den Apfel, und der Richter erkennt es als unschuldig an. Die zweite Geschichte handelt von zwei Geschwistern, die zusehen, wie ihr Vater ein Schwein schlachtet. Später versucht eines der Kinder, die Szene mit seinem Geschwisterchen nachzustellen, und sticht ihm dabei ein Messer in den Hals. Die Mutter hört das Schreien, zieht das Messer heraus und stößt es in ihrer Wut dem anderen Kind ins Herz. Währenddessen ertrinkt das jüngste Kind der Familie im Bad. Die Mutter erhängt sich vor Trauer, und der Vater stirbt kurz darauf ebenfalls an Kummer.
Die Handlung des Märchen
In einer Stadt namens Franecker in Westfriesland spielte eine Gruppe kleiner Kinder (etwa 5 oder 6 Jahre alt) einmal Metzger, Koch, Kochgehilfe usw. und tötete das Kind, das als „das Schwein“ spielte. Das Kind, das als „der Metzger“ spielte, wurde verhaftet und wegen Mordes angeklagt, aber der Stadtrat (der auch als Gericht fungierte), dem nie ein solcher Fall vorlag, war sich nicht sicher, ob er ein solches kleines Kind bestrafen sollte. Ein alter, weiser Stadtrat fand schließlich eine besondere Methode, um zu entscheiden, ob das Kind schuldig war oder nicht.
Er brachte einen reifen, appetitlichen Apfel und eine hochwertige Goldmünze, nahm je eine in jede Hand und ließ das Kind eine davon wählen. Wenn „der Metzger“ den Apfel wählte (was vermutlich beweist, dass das Kind noch immer einen völlig naiven Verstand hatte), dann war es unschuldig und konnte gehen. wenn er die Goldmünze wählte (was vermutlich beweist, dass sich in dem Kind bereits ein abstrakteres Werteverständnis entwickelt hatte), dann war das Kind schuldig und würde wegen Mordes gehängt. „Der Metzger“ wählte den Apfel ohne zu zögern. Deshalb wurde er freigelassen, und alle Anklagepunkte wurden fallen gelassen.
Eines Tages sahen zwei Brüder, wie ihr Vater ein Schwein tötete. Sie ahmten nach, was sie sahen, und der ältere Bruder tötete seinen jüngeren Bruder. Ihre Mutter, die das Kind badete, hörte ihr Kind schreien und setzte das Kind in der Wanne aus. Als sie sah, was ihr ältestes Kind getan hatte, nahm sie das Messer aus der Kehle ihres jüngeren Sohnes und stach in ihrer Wut ihrem älteren Sohn ins Herz. Als die Mutter herausfand, dass das Baby inzwischen in der Badewanne ertrunken war, fühlte sie eine untröstliche Verzweiflung und beging Selbstmord, indem sie sich erhängte. Nach einem langen Arbeitstag auf dem Feld kam der Vater nach Hause. Als er erfuhr, dass seine ganze Familie tot war, starb auch er bald vor Trauer.
Informationen für wissenschaftliche Analysen
Kennzahl | Wert |
---|---|
Nummer | KHM 22a |
Aarne-Thompson-Uther-Index | ATU Typ 1343 |
Lesbarkeitsindex nach Amstad | 62.6 |
Lesbarkeitsindex nach Björnsson | 48.5 |
Flesch-Reading-Ease Index | 48.6 |
Flesch–Kincaid Grade-Level | 12 |
Gunning Fog Index | 14.1 |
Coleman–Liau Index | 12 |
SMOG Index | 12 |
Automated Readability Index | 12 |
Zeichen-Anzahl | 2.602 |
Anzahl der Buchstaben | 2.074 |
Anzahl der Sätze | 16 |
Wortanzahl | 428 |
Durchschnittliche Wörter pro Satz | 26,75 |
Wörter mit mehr als 6 Buchstaben | 93 |
Prozentualer Anteil von langen Wörtern | 21.7% |
Silben gesamt | 663 |
Durchschnittliche Silben pro Wort | 1,55 |
Wörter mit drei Silben | 51 |
Prozentualer Anteil von Wörtern mit drei Silben | 11.9% |