Vorlesezeit für Kinder: 7 min
Jetzt will ich eine Geschichte vom Glück erzählen. Wir alle kennen das Glück: Einige sehen es jahraus, jahrein, andere nur in gewissen Jahren, an einem einzelnen Tage, ja, es gibt sogar Menschen, welche es nur ein einziges Mal im Leben sehen; aber sehen tun wir es alle.
Nun brauche ich nicht zu erzählen, denn jeder weiß es, dass unser Herrgott das kleine Kind bringt und es einer Mutter in den Schoß legt. Das kann in dem reichen Schlosse und in der Wohnung des Wohlhabenden geschehen, aber auch auf freiem Felde, wo der kalte Wind weht – aber nicht jeder weiß, und dennoch ist es gewiss, dass unser Herrgott, wenn er das Kind bringt, auch eine Glücksgabe für dasselbe mitbringt.
Aber diese liegt nicht in die Augen fallend neben ihm, sie liegt irgendwo auf der Erde, wo man sie am wenigsten zu finden erwartet, und doch findet sie sich immer. Das ist das Erfreuliche. Sie kann in einen Apfel gelegt sein, und sie war es für einen Gelehrten, welcher Newton hieß. Der Apfel fiel, und da fand er sein Glück. Kennst du die Geschichte nicht, so bitte den, der sie kennt, sie dir zu erzählen. Ich habe eine andere Geschichte zu erzählen, und das ist eine Geschichte von einer Birne.
Es war einmal ein armer Mann, welcher in Armut geboren, in Armut groß geworden war und in Armut sich verheiratet hatte. Er war übrigens seines Handwerks ein Drechsler und drechselte vorzugsweise Stöcke und Ringe für Regenschirme, aber er lebte nur von der Hand in den Mund. „Ich finde nimmer das Glück!“ sagte er. Dies ist eine wirklich wahre Geschichte, und man könnte das Land und die Stadt nennen, wo der Mann wohnte; aber das kann ja gleichgültig sein.
Die roten sauren Vogelbeeren wuchsen als schönster Schmuck rings um Haus und Garten. In letzterem stand auch ein Birnbaum, aber er trug nicht eine einzige Birne, und dennoch war das Glück in diesen Birnbaum gelegt, es lag in den unsichtbaren Birnen. Einstmals stürmte nachts der Wind ganz fürchterlich. Die Zeitungen erzählten, dass eine große Diligence, vom Sturm erfasst, vom Wege in die Höhe gehoben und wie ein Lappen zu Boden geworfen worden sei. Da konnte denn wohl auch leicht ein starker Ast von dem Birnbaum gebrochen werden.
Der Ast wurde in die Werkstatt gelegt, und der Mann drechselte zum Scherz aus demselben eine große Birne und noch eine große, dann eine kleinere und endlich einige ganz kleine. Der Baum musste doch einmal Birnen tragen, sagte der Mann und gab sie seinen Kindern, um damit zu spielen.
Zu den notwendigsten Bedürfnissen in einem Lande, wo es oft regnet, gehört allerdings ein Regenschirm. Das ganze Haus hatte zu gemeinschaftlichem Gebrauch nur einen einzigen. Wehte der Wind zu stark, so schlug der Regenschirm um. Ja, er brach sogar ein paarmal ab, aber der Mann setzte ihn gleich wieder gehörig instand.
Aber verdrießlich war es doch, dass der Knopf, welcher ihn zusammenhalten sollte, wenn er nicht aufgespannt war, gar zu oft absprang oder der Ring, welcher um ihn gelegt war, zerbrach. Eines Tages sprang der Knopf. Der Mann suchte nach ihm auf dem Fußboden und fasste da eine der allerkleinsten gedrechselten -Birnen welche die Kinder bekommen hatten, um damit zu spielen,
„Der Knopf ist nicht zu finden“, sagte der Mann, „aber dieses kleine Ding kann es wohl auch tun!“ Er bohrte also ein Loch hinein, zog eine Schnur hindurch, und die kleine Birne schloss gut in den zerbrochenen Ring. Das war in der Tat der beste Halter, welchen der Regenschirm je gehabt hatte.
Als der Mann nun im nächsten Jahre Regenschirmstücke nach der Hauptstadt schicken sollte, wohin er dergleichen lieferte, legte er auch ein paar der gedrechselten kleinen Birnen mit einem halben Ringe bei und bat, sie zu probieren, und so kamen dieselben nach Amerika. Dort merkte man bald, dass die kleine Birne viel besser als irgendein Knopf hielt. Und nun verlangte man von dem Kaufmann, dass alle nachfolgenden Regenschirme mit einer kleinen Birne geschlossen sein sollten.
Nun, da gab es Arbeit! Tausende von Birnen“ Holzbirnen für alle Regenschirme! Der Mann musste an die Arbeit. Er drechselte und drechselte. Der ganze Birnbaum ging in kleinen Birnen auf. Das gab Schillinge, das gab Taler! „In diesem Birnbaum war mein Glück gelegt“, sagte der Mann. Er bekam jetzt eine große Werkstatt und Gesellen und Lehrjungen. Stets war er fröhlichen Sinnes und sagte: „Das Glück kann in einem Holzstückchen liegen.“ Das sage auch ich, der diese Geschichte erzählt.
Man sagt: „Nimm ein Holzstöckchen in den Mund, dann wirst du unsichtbar!“ Aber das richtige Holzstöckchen muss es sein, das, welches unser Herrgott uns als Glücksgabe beschert hat. Ich bekam es, und wie jener Mann kann auch ich klingendes Gold, blinkendes Gold gewinnen, das allerbeste, das, welches aus Kinderaugen blinkt, welches von Kinderlippen klingt und auch von Vater und Mutter mit.
Sie lesen da Geschichten, und ich stehe, mitten in der Stube, unter ihnen, aber unsichtbar, denn ich habe ja das weiße Holzstöckchen im Munde, höre ich nun, dass sie sich an dem, was ich erzähle, erfreuen, ja, dann sage auch ich: „Das Glück kann in einem Holzstöckchen liegen.
Hintergründe zum Märchen „Das Glück kann in einem Holzstöckchen liegen“
„Das Glück kann in einem Holzstöckchen liegen“ ist ein Märchen von Hans Christian Andersen, einem der bekanntesten dänischen Schriftsteller, der vor allem für seine Märchen für Kinder berühmt ist. Andersen wurde am 2. April 1805 geboren und veröffentlichte seine ersten Märchen im Jahr 1835. Er schrieb insgesamt über 150 Märchen, darunter Klassiker wie „Die kleine Meerjungfrau“, „Das hässliche Entlein“ und „Die Schneekönigin“.
Andersens Märchen zeichnen sich durch ihre einfache, volkstümliche Sprache, ihren Humor und ihre fantasievollen Elemente aus. Sie sind oft geprägt von einer tiefen Menschlichkeit und einer hohen Sensibilität für die Leiden und Freuden der Menschen, insbesondere derjenigen, die am Rande der Gesellschaft stehen. In „Das Glück kann in einem Holzstöckchen liegen“ verwendet Andersen die einfache Handlung, um eine universelle Botschaft über das Glück und die Bedeutung von Arbeit, Kreativität und Bescheidenheit zu vermitteln. Die Geschichte zeigt, dass Glück in den unscheinbarsten Dingen gefunden werden kann und dass es oft unerwartete Wege gibt, es zu entdecken.
Hans Christian Andersen selbst hatte eine bescheidene Herkunft, und seine Erfahrungen prägten sein Schreiben. Seine Märchen zeigen oft einen optimistischen Glauben daran, dass das Leben trotz aller Widrigkeiten gute Dinge bereithält. Die Geschichte von „Das Glück kann in einem Holzstöckchen liegen“ spiegelt diesen Glauben wider und vermittelt die Botschaft, dass Glück in den kleinen Dingen des Lebens gefunden werden kann, wenn man nur bereit ist, es zu erkennen und zu schätzen. Insgesamt ist „Das Glück kann in einem Holzstöckchen liegen“ ein weniger bekanntes Märchen von Hans Christian Andersen, aber es bleibt dennoch ein eindrucksvolles Beispiel für seine einfühlsame Erzählkunst und seine Fähigkeit, aus einfachen Geschichten tiefgründige moralische Botschaften zu ziehen.
Interpretationen zum Märchen „Das Glück kann in einem Holzstöckchen liegen“
„Das Glück kann in einem Holzstöckchen liegen“ ist ein Märchen, das sich auf verschiedenen Ebenen interpretieren lässt. Hier sind einige mögliche Interpretationen der Geschichte:
Die kleinen Dinge des Lebens: Eine der Hauptbotschaften des Märchens ist, dass das Glück oft in den unscheinbarsten Dingen und Momenten gefunden werden kann. Der Protagonist entdeckt sein Glück in einem einfachen Holzstück, das ihm schließlich wirtschaftlichen Erfolg und Zufriedenheit bringt. Die Geschichte erinnert uns daran, offen für die kleinen Freuden des Lebens zu sein und die Bedeutung von Demut und Dankbarkeit zu schätzen.
Kreativität und Erfindungsgeist: Der arme Drechsler verwendet seine handwerklichen Fähigkeiten, um aus einem gebrochenen Ast etwas Nützliches und Wertvolles zu schaffen. Diese Geschichte betont die Bedeutung von Kreativität, Erfindungsgeist und der Bereitschaft, Chancen zu ergreifen, wenn sie sich bieten.
Arbeit und Ausdauer: Der Protagonist arbeitet hart, trotz seiner schwierigen Lebensumstände. Durch seine Ausdauer und sein Engagement gelingt es ihm schließlich, sein Glück zu finden und seine Situation zu verbessern. Das Märchen betont die Werte von Fleiß und Durchhaltevermögen und zeigt, dass diese Tugenden oft belohnt werden.
Die Rolle des Zufalls im Leben: In der Geschichte spielt der Zufall eine entscheidende Rolle für das Schicksal des Mannes. Der Sturm, der den Ast vom Birnbaum bricht, setzt eine Kette von Ereignissen in Gang, die letztendlich zum Erfolg des Mannes führen. Dies zeigt, dass das Leben oft unvorhersehbar ist und dass Glück manchmal auf unerwartete Weise gefunden werden kann.
Beziehung des Autors zur Geschichte: Hans Christian Andersen bezieht sich am Ende der Geschichte auf seine eigene Tätigkeit als Geschichtenerzähler und betont, dass auch er sein Glück in einem Holzstöckchen finden kann. Dies könnte darauf hindeuten, dass das Schreiben und Erzählen von Geschichten für Andersen eine Möglichkeit war, sein eigenes Glück zu finden und die Freude, die er anderen Menschen durch seine Geschichten bereitete, zu teilen.
Insgesamt zeigt „Das Glück kann in einem Holzstöckchen liegen“ die vielfältigen Wege, auf denen das Glück gefunden werden kann, und betont die Bedeutung von Kreativität, Fleiß und der Wertschätzung der kleinen Freuden des Lebens.
Zusammenfassung der Handlung
„Das Glück kann in einem Holzstöckchen liegen“ ist ein Märchen von Hans Christian Andersen, das die Geschichte eines armen Drechslers erzählt, der unerwartet sein Glück findet. Der Protagonist ist ein armer Mann, der in Armut geboren wurde, in Armut aufgewachsen ist und in Armut geheiratet hat. Trotz seiner Fähigkeiten als Drechsler lebt er von der Hand in den Mund. In seinem Garten steht ein Birnbaum, der jedoch keine Birnen trägt.
Eines Tages bricht ein heftiger Sturm einen großen Ast vom Birnbaum ab. Der Mann drechselt aus diesem Ast Birnen aus Holz als Spielzeug für seine Kinder. Später geht der Knopf des gemeinsam genutzten Regenschirms der Familie verloren. Der Mann benutzt eine der kleinen gedrechselten Birnen als Ersatz. Die Idee erweist sich als nützlich und praktisch.
Der Mann wird daraufhin beauftragt, tausende dieser Holzbirnen für Regenschirme herzustellen, die als Verschluss dienen sollen. Dies führt zu einem wirtschaftlichen Aufschwung für ihn und seine Familie. Er erkennt, dass sein Glück in dem unscheinbaren Holzstück des Birnbaums gelegen hat, und seine harte Arbeit und Kreativität wurden schließlich belohnt.
Die Geschichte zeigt, dass Glück in den kleinsten Dingen gefunden werden kann und dass es oft unerwartete Wege gibt, es zu entdecken. Der Mann findet sein Glück in einem scheinbar wertlosen Holzstück und verändert damit sein Leben und das Leben seiner Familie zum Positiven.
Informationen für wissenschaftliche Analysen
Kennzahl | Wert |
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Übersetzungen | DE, EN, DA, ES, NL |
Lesbarkeitsindex nach Amstad | 74.8 |
Lesbarkeitsindex nach Björnsson | 36.2 |
Flesch-Reading-Ease Index | 62.2 |
Flesch–Kincaid Grade-Level | 8.9 |
Gunning Fog Index | 9.8 |
Coleman–Liau Index | 12 |
SMOG Index | 11.2 |
Automated Readability Index | 9.9 |
Zeichen-Anzahl | 5.128 |
Anzahl der Buchstaben | 4.082 |
Anzahl der Sätze | 49 |
Wortanzahl | 846 |
Durchschnittliche Wörter pro Satz | 17,27 |
Wörter mit mehr als 6 Buchstaben | 160 |
Prozentualer Anteil von langen Wörtern | 18.9% |
Silben gesamt | 1.271 |
Durchschnittliche Silben pro Wort | 1,50 |
Wörter mit drei Silben | 94 |
Prozentualer Anteil von Wörtern mit drei Silben | 11.1% |