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Es war einmal eine alte Frau, du hast wohl eher eine alte Frau sehn betteln gehen? Diese Frau bettelte auch, und wann sie etwas bekam, dann sagte sie:
„Gott lohn euch.“
Die Bettelfrau kam an die Tür, da stand ein freundlicher Schelm von Jungen am Feuer und wärmte sich.
Der Junge sagte freundlich zu der armen alten Frau, wie sie so an der Tür stand und zitterte:
„Kommt, Altmutter, und erwärmt euch.“
Sie kam herzu, ging aber zu nahe an‘s Feuer stehen, dass ihre alten Lumpen anfingen zu brennen, und sie ward‘s nicht gewahr.
Der Junge stand und sah das, er hätt‘s doch löschen sollen?
Nicht wahr, er hätte löschen sollen? Und wenn er kein Wasser gehabt hätte, dann hätte er alles Wasser in seinem Leibe zu den Augen herausweinen sollen, das hätte so zwei hübsche Bächlein gegeben zu löschen.
Hintergründe zum Märchen „Die alte Bettelfrau“
„Die alte Bettelfrau“ (KHM 150) ist eine kurze Erzählung aus den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm. Die Geschichte stammt ursprünglich aus Johann Heinrich Jung-Stillings Autobiographie „Heinrich Stillings Jünglingsjahre“ (1778). Hier sind einige Hintergründe zum Märchen:
Das Märchen handelt von Zuneigung, Zurückhaltung und Versäumnissen. Es vermittelt die Botschaft, dass Passivität und mangelndes Eingreifen in kritischen Situationen zu Schuld und bedauernswerten Konsequenzen führen können. Wie bereits erwähnt, basiert das Märchen auf einer Episode aus Jung-Stillings Autobiographie, in der Anna, die Tochter seiner Gastwirtin, ihm die Geschichte erzählt.
In ihren Anmerkungen zum Märchen ziehen die Brüder Grimm Parallelen zu anderen Sagen und mythologischen Figuren, wie dem germanischen Gott Odin. Die Forschung von Hans-Jörg Uther zeigt jedoch, dass dieser mythologische Vergleich weit hergeholt ist und eher die Arbeitsweise von Jacob Grimm aufzeigt. Die Geschichte wurde in verschiedenen Sammlungen der Grimmschen Märchen veröffentlicht. Die Brüder übernahmen die Erzählung phrasenweise wörtlich, ließen jedoch die Rahmenhandlung aus Jung-Stillings Autobiographie weg.
Das Märchen kann als metaphorische Darstellung menschlicher Beziehungen, insbesondere der unerwiderten Liebe, gesehen werden. Die alte Bettelfrau und das Feuer könnten als Symbole für die vergebliche Zuneigung und die daraus resultierenden Schmerzen interpretiert werden. Aus Jung-Stillings Werken stammen auch die Grimms Märchen Nr. 69 „Jorinde und Joringel“ und Nr. 78 „Der alte Großvater und der Enkel“. Diese Geschichten teilen möglicherweise ähnliche Themen und Hintergründe, da sie alle aus derselben Quelle stammen.
Interpretationen zum Märchen „Die alte Bettelfrau“
Die Interpretationen von Märchen, insbesondere von „Die alte Bettelfrau“ (KHM 150) von den Gebrüder Grimm, können vielfältig sein. Hier sind einige mögliche Interpretationen dieses Märchens:
Verantwortung und Handeln: Das Märchen zeigt die Wichtigkeit von Verantwortung und Handeln in kritischen Situationen. Der Junge in der Geschichte versäumt es, das Feuer zu löschen, und zeigt damit seine Passivität und mangelnde Fürsorge. Dies könnte als Mahnung gelten, in schwierigen Zeiten nicht untätig zu bleiben und stattdessen aktiv Verantwortung zu übernehmen.
Unerwiderte Liebe<:/strong> Eine andere Interpretation bezieht sich auf die unerwiderte Liebe, die im Kontext von Jung-Stillings Autobiographie angesprochen wird. Die alte Bettelfrau und das brennende Feuer können als Metapher für die vergebliche Zuneigung und den daraus resultierenden Schmerz gesehen werden.
Empathie und Mitgefühl: Das Märchen kann auch als Aufruf zur Empathie und Mitgefühl interpretiert werden. Der Junge sollte die alte Bettelfrau retten und ihren Schmerz lindern, tut dies jedoch nicht. Das Märchen erinnert die Leser daran, empathisch gegenüber anderen zu sein und in Notlagen zu helfen.
Schuld und Reue: Die Geschichte zeigt auch das Thema der Schuld und Reue. Der Junge fühlt sich am Ende möglicherweise schuldig, da er nicht gehandelt hat, um das Feuer zu löschen und die alte Frau zu retten. Diese Interpretation unterstreicht die Konsequenzen von Untätigkeit und mangelnder Fürsorge in kritischen Situationen.
Ambivalenz und menschliche Beziehungen: Das Märchen verdeutlicht die Spaltung zwischen Zuneigung und Zurückhaltung in menschlichen Beziehungen. Dies kann als Metapher für das emotionale Dilemma interpretiert werden, das in unerwiderten Liebesbeziehungen oder anderen komplexen menschlichen Beziehungen auftritt.
Insgesamt lässt sich „Die alte Bettelfrau“ (KHM 150) auf verschiedene Arten interpretieren, die alle menschliche Emotionen, Handlungen und Beziehungen thematisieren. Die Geschichte kann als Mahnung dienen, Empathie, Mitgefühl und Handlungsbereitschaft in kritischen Situationen und zwischenmenschlichen Beziehungen zu zeigen.
Adaptionen zum Märchen „Die alte Bettelfrau“
Adaptionen von Märchen bieten eine Möglichkeit, klassische Geschichten in einem neuen Licht oder Medium zu präsentieren. Obwohl „Die alte Bettelfrau“ (KHM 150) von den Gebrüder Grimm nicht so bekannt ist wie einige ihrer anderen Märchen, gibt es dennoch einige Adaptionen, die sich auf die Geschichte beziehen oder sie neu interpretieren. Hier sind zwei Beispiele:
Theaterstück: „Die Alte Bettelfrau“ wurde als Theaterstück für Kinder adaptiert. Die Bühnenadaption konzentriert sich auf die Kernthemen des Märchens, wie Empathie, Mitgefühl und Handeln in kritischen Situationen. Eine solche Aufführung kann insbesondere für junge Zuschauer eindrucksvoll sein, um wichtige moralische Botschaften auf spielerische Weise zu vermitteln.
Literarische Bearbeitungen: Es gibt zahlreiche Sammlungen von Märchen und Geschichten, die Neuinterpretationen oder Nacherzählungen von Grimms Märchen beinhalten. In diesen Sammlungen können Bearbeitungen von „Die alte Bettelfrau“ enthalten sein, die die ursprüngliche Geschichte modernisieren oder um neue Elemente erweitern, um sie für das heutige Publikum ansprechender zu gestalten.
Es ist wichtig zu beachten, dass es aufgrund der geringeren Bekanntheit von „Die alte Bettelfrau“ im Vergleich zu anderen Grimms Märchen weniger Adaptionen gibt. Dennoch bieten die oben genannten Beispiele mögliche Wege, um das Märchen in unterschiedlichen Formaten und für verschiedene Zielgruppen neu zu interpretieren und zu präsentieren.
Zusammenfassung der Handlung
„Die alte Bettelfrau“ (KHM 150) ist eine kurze Erzählung aus den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm. Die Geschichte handelt von einer alten Bettlerin, die eines Tages bei einem Jungen anklopft. Der Junge lädt sie freundlich ein und lässt sie ans Feuer treten, um sich aufzuwärmen. Die Bettlerin kommt jedoch zu nahe ans Feuer, und ihre Lumpen beginnen zu brennen.
Der Junge beobachtet das Geschehen, ohne einzugreifen oder den Brand zu löschen. Der Erzähler stellt am Ende die rhetorische Frage, ob der Junge das Feuer hätte löschen sollen. Er argumentiert, dass der Junge selbst dann hätte helfen sollen, wenn er kein Wasser gehabt hätte, indem er seine Tränen hätte fließen lassen, um damit zwei Bäche zu bilden, die das Feuer gelöscht hätten.
Die Geschichte kann als Metapher für menschliche Beziehungen und die Bedeutung von Empathie, Verantwortung und Handeln in kritischen Situationen interpretiert werden.
Informationen für wissenschaftliche Analysen
Kennzahl | Wert |
---|---|
Nummer | KHM 150 |
Übersetzungen | DE, EN, DA, ES, PT, IT, JA, NL, PL, RU, TR, VI |
Lesbarkeitsindex nach Amstad | 82 |
Lesbarkeitsindex nach Björnsson | 26.1 |
Flesch-Reading-Ease Index | 71.2 |
Flesch–Kincaid Grade-Level | 6.8 |
Gunning Fog Index | 7.3 |
Coleman–Liau Index | 10.4 |
SMOG Index | 8.4 |
Automated Readability Index | 6.5 |
Zeichen-Anzahl | 827 |
Anzahl der Buchstaben | 623 |
Anzahl der Sätze | 10 |
Wortanzahl | 140 |
Durchschnittliche Wörter pro Satz | 14,00 |
Wörter mit mehr als 6 Buchstaben | 17 |
Prozentualer Anteil von langen Wörtern | 12.1% |
Silben gesamt | 201 |
Durchschnittliche Silben pro Wort | 1,44 |
Wörter mit drei Silben | 8 |
Prozentualer Anteil von Wörtern mit drei Silben | 5.7% |