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Eines Nachmittags hatte sich das Christkind in sein Wiegenbett gelegt und war eingeschlafen, da trat seine Mutter heran, sah es voll Freude an und sprach:
„Hast du dich schlafen gelegt, mein Kind? Schlafe sanft, ich will derweil in den Wald gehen und eine handvoll Erdbeeren für dich holen. Ich weiß wohl, du freust dich darüber, wenn du aufgewacht bist.“
Draußen im Wald fand sie einen Platz mit den schönsten Erdbeeren, als sie sich aber herabbückt, um eine zu brechen, so springt aus dem Gras eine Natter in die Höhe. Sie erschrickt, lässt die Beere stehen und eilt hinweg.
Die Natter schiesst ihr nach, aber die Mutter Gottes, das könnt ihr denken, weiß guten Rat, sie versteckt sich hinter eine Haselstaude und bleibt da stehen, bis die Natter sich wieder verkrochen hat.
Sie sammelt dann die Beeren, und als sie sich auf den Heimweg macht, spricht sie:
„Wie die Haselstaude diesmal mein Schutz gewesen ist, so soll sie es auch in Zukunft anderen Menschen sein.“
Darum ist seit den ältesten Zeiten ein grüner Haselzweig gegen Nattern, Schlangen, und was sonst auf der Erde kriecht, der sicherste Schutz.

Hintergründe
Interpretationen
Adaptionen
Zusammenfassung
Textanalyse
„Die Haselrute“ (KHM 210) ist eine Kinderlegende im Anhang der Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm. Sie stammt ursprünglich aus Franz Josef Vonbuns Volkssagen aus Vorarlberg von 1847 und ist als Marienlegende und Erklärungssage einzuordnen. Wilhelm Grimm übertrug die Legende aus dem Vorarlberger Dialekt ins Hochdeutsche, wobei er den volkstümlichen Ton der Legende bewahrte und einige stilistische Änderungen vornahm.
Die Haselrute hat ihren Ursprung in einer alten religiösen Tradition und ist eng mit der Verehrung der Jungfrau Maria verbunden. Die Legende erklärt die besondere Bedeutung der Hasel als Schutz vor Schlangen und als Zauberpflanze, indem sie eine Episode aus dem Leben Marias und des Jesuskindes erzählt. Die Haselrute dient in der Legende als Symbol für Schutz und Geborgenheit.
Die Legende zeigt auch die mütterliche Fürsorge Marias und die liebevolle Beziehung zwischen Maria und ihrem Kind. Es handelt sich um eine einfache, aber dennoch eindringliche Geschichte, die religiöse und volkstümliche Elemente miteinander verbindet und den Lesern eine moralische Botschaft vermittelt. In der Erzählung wird betont, dass Schutz und Fürsorge wichtige Werte sind und dass die Natur und ihre Pflanzen besondere Kräfte besitzen, die den Menschen helfen können.
Die Aufnahme der Legende in die Sammlung der Brüder Grimm zeigt ihre Wertschätzung für volkstümliche Überlieferungen und ihre Bereitschaft, auch religiöse Themen in ihr Werk aufzunehmen. Die Haselrute ist somit ein Beispiel für die Vielfalt und den Reichtum der in den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm enthaltenen Geschichten und Legenden.
„Die Haselrute“ (KHM 210) von den Gebrüder Grimm ist eine Legende, die verschiedene Interpretationen zulässt. Einige mögliche Interpretationsansätze sind:
Religiöse Interpretation: Die Legende betont die Bedeutung der Jungfrau Maria und ihrer mütterlichen Fürsorge für das Jesuskind. Die Haselrute kann dabei als Symbol für göttlichen Schutz und Geborgenheit gesehen werden. Die Legende könnte eine Erinnerung an die Rolle der Muttergottes als Schutzherrin und Fürsprecherin der Menschen sein.
Naturverbundenheit: Die Legende stellt die besonderen Kräfte der Haselrute und ihre Fähigkeit, vor Schlangen und Unheil zu schützen, in den Mittelpunkt. Damit betont sie die Wichtigkeit der Natur und ihrer Pflanzen für das menschliche Leben und vermittelt eine Botschaft der Achtung und Wertschätzung für die natürliche Welt.
Symbolische Interpretation: Die Haselrute kann als Symbol für Schutz, Geborgenheit und Sicherheit interpretiert werden. Die Begegnung zwischen Maria und der Schlange kann als Kampf zwischen Gut und Böse gesehen werden, wobei die Haselrute die übernatürliche Kraft repräsentiert, die das Böse abwehrt.
Psychologische Interpretation: Die Legende kann auch als Metapher für die menschliche Angst vor dem Unbekannten und Bedrohlichen gelesen werden. In dieser Deutung symbolisiert die Schlange die Ängste und Herausforderungen, denen Menschen im Leben begegnen, während die Haselrute für den Glauben und das Vertrauen steht, dass es Schutz und Hilfe gibt, um diese Ängste zu überwinden.
Feministische Interpretation: Maria als zentrale Figur der Legende kann als Beispiel für die Stärke und Fürsorge von Frauen interpretiert werden. Ihre Rolle als Beschützerin des Jesuskindes und ihr Einsatz der Haselrute zur Abwehr der Schlange zeigen, dass Frauen in der Lage sind, sowohl für sich selbst als auch für andere zu sorgen und Schutz zu bieten.
Insgesamt bietet „Die Haselrute“ vielfältige Interpretationsmöglichkeiten und kann sowohl religiöse, kulturelle, symbolische, psychologische als auch feministische Bedeutungen vermitteln.
Es gibt nicht viele Adaptionen des Märchens „Die Haselrute“ (KHM 210) von den Gebrüder Grimm, da es im Vergleich zu anderen Märchen der Sammlung weniger bekannt ist. Allerdings gibt es einige künstlerische Umsetzungen, die sich auf das Märchen beziehen:
Illustrationen: Verschiedene Künstler haben im Laufe der Zeit Illustrationen zu „Die Haselrute“ angefertigt. Ein bekanntes Beispiel sind die Illustrationen von Otto Ubbelohde, einem deutschen Künstler, der 1909 mehrere Zeichnungen zu diesem Märchen schuf. Seine Darstellungen zeigen Maria und das Jesuskind im Wald, die Haselrute und die Schlange.
Hörbuch: Das Märchen „Die Haselrute“ wurde als Hörbuch auf der Plattform LibriVox aufgenommen und kann dort kostenlos angehört werden. Dies ermöglicht es, die Geschichte auf eine andere Art und Weise zu erleben und auch einem jüngeren Publikum zugänglich zu machen.
Theaterstücke und musikalische Interpretationen: Es ist möglich, dass das Märchen „Die Haselrute“ in verschiedenen Theater- oder Musikprojekten adaptiert wurde, insbesondere in Schul- oder Gemeinschaftsaufführungen. Da es sich um eine kurze Legende handelt, kann sie leicht in ein größeres Programm mit anderen Märchen oder Legenden integriert werden.
Puppentheater: „Die Haselrute“ kann sich auch für Puppentheateraufführungen eignen, bei denen die Figuren Maria, das Jesuskind, die Schlange und die Haselrute zum Leben erweckt werden.
Da „Die Haselrute“ ein weniger bekanntes Märchen der Brüder Grimm ist, sind Adaptionen und Umsetzungen seltener als bei anderen, populäreren Märchen. Dennoch gibt es einige künstlerische Darstellungen und mögliche Anpassungen, die das Märchen für ein modernes Publikum erfahrbar machen.
„Die Haselrute“ (KHM 210) ist eine Kinderlegende aus der Sammlung der Gebrüder Grimm. Die Geschichte handelt von Maria, der Mutter Jesu, und ihrem Kind. In der Geschichte geht Maria in den Wald, um ihrem schlafenden Jesuskind Erdbeeren zu pflücken. Als sie sich über einen Erdbeerstrauch beugt, taucht plötzlich eine Schlange auf und verfolgt Maria.
Sie sucht Schutz hinter einem Haselbusch und die Schlange verschwindet. Maria pflückt die Erdbeeren und kehrt zu ihrem Kind zurück. Sie beschließt, dass von nun an Haselzweige als Schutz vor Schlangen und anderen irdischen Kreaturen dienen sollen. Die Legende erklärt somit die symbolische Bedeutung der Haselrute als Schutz vor Schlangen und als Zauberpflanze.
Die Erzählung „Die Haselrute“ von den Brüdern Grimm ist ein hervorragendes Beispiel für die magische und symbolträchtige Verwendung von Pflanzen in Märchen. Eine linguistische Analyse dieses Märchens könnte mehrere interessante Aspekte untersuchen:
Symbolik und Motivik: In dieser kurzen Erzählung steht die Haselstaude im Mittelpunkt als ein Symbol des Schutzes und der Abwehr. Die Verwendung von Pflanzen als Schutzmittel ist ein weitverbreitetes Motiv in der Folklore. Hier wird dies etabliert, indem die Mutter Gottes die Haselstaude zum Schutz vor der Schlange benutzt. Dies evoziert christliche und heidnische Symbole, da die Hasel in beiden Traditionen eine Rolle spielt.
Stilmittel
Personifikation: Die Natter wird mit einer aktiven Rolle versehen, als sie „in die Höhe springt“ und der Mutter Gottes hinterher „schießt“. Diese Personifizierung dramatisiert die Bedrohung und schafft Spannung.
Direkte Rede: Die wörtlichen Äußerungen der Mutter Gottes, vor allem zu Beginn und am Ende der Geschichte, geben der Erzählung sowohl emotionale Tiefe als auch eine moralische Lektion. Sie sprechen direkt den Schutzgedanken aus und verleihen dem Märchen eine lehrende Funktion.
Struktur und Aufbau: Das Märchen hat eine klare Einleitung, Entwicklung und Schluss. In der Einleitung wird das Bedürfnis (Beeren für das Kind) etabliert, in der Entwicklung die Gefahr (die Natter) und in der Schlussfolgerung die moralische und symbolische Lehre (die Hasel als Schutz). Die episodische Struktur, bei der die Handlung einem klaren Beginn-Gefahr-Rettung-Muster folgt, ist charakteristisch für Grimmsche Märchen.
Sprachgebrauch: Der Gebrauch von altertümlich anmutendem Deutsch („Erdbeeren sammeln“, „Natter“, „verkriechen“) verleiht dem Märchen einen zeitlosen und ursprünglichen Charakter. Die Sprache ist einfach und klar, was für Kindergeschichten typisch ist und das Verständnis erleichtert.
Religiöse Elemente: Die direkte Erwähnung des Christkindes und der Mutter Gottes verortet das Märchen in einem christlichen Kontext und könnte auf die Integration christlicher Elemente in volkstümliche Erzählungen hinweisen. Der Schutzgedanke, der von der Mutter Gottes kommt, kann als Vermittlung einer religiösen Botschaft verstanden werden: Glaube und Natur bieten Schutz.
Durch diese Analyse zeigt sich, wie geschickt Märchen auf verschiedenen Ebenen wirken – sie transportieren kulturelle Symbole, sorgen für Spannung und moralische Lehren und sind dabei sprachlich prägnant und zugänglich.
Informationen für wissenschaftliche Analysen
Kennzahl | Wert |
---|---|
Nummer | KHM 210 |
Übersetzungen | DE, EN |
Lesbarkeitsindex nach Amstad | 78.4 |
Lesbarkeitsindex nach Björnsson | 38.5 |
Flesch-Reading-Ease Index | 67.9 |
Flesch–Kincaid Grade-Level | 8.4 |
Gunning Fog Index | 9.4 |
Coleman–Liau Index | 12 |
SMOG Index | 10.5 |
Automated Readability Index | 10.4 |
Zeichen-Anzahl | 1.140 |
Anzahl der Buchstaben | 891 |
Anzahl der Sätze | 10 |
Wortanzahl | 186 |
Durchschnittliche Wörter pro Satz | 18,60 |
Wörter mit mehr als 6 Buchstaben | 37 |
Prozentualer Anteil von langen Wörtern | 19.9% |
Silben gesamt | 264 |
Durchschnittliche Silben pro Wort | 1,42 |
Wörter mit drei Silben | 16 |
Prozentualer Anteil von Wörtern mit drei Silben | 8.6% |