Vorlesezeit für Kinder: 19 min
Es war einmal ein Mädchen, das war jung und schön, aber seine Mutter war ihm früh gestorben, und die Stiefmutter tat ihm alles gebrannte Herzeleid an. Wenn sie ihm eine Arbeit auftrug, sie mochte noch so schwer sein, so ging es unverdrossen daran und tat, was in seinen Kräften stand. Aber es konnte damit das Herz der bösen Frau nicht rühren, immer war sie unzufrieden, immer war es nicht genug. Je fleißiger es arbeitete, je mehr ward ihm aufgelegt, und sie hatte keinen anderen Gedanken, als wie sie ihm eine immer größere Last aufbürden und das Leben recht sauer machen wollte.
Eines Tages sagte sie zu ihm: „Da hast du zwölf Pfund Federn, die sollst du trennen, und wenn du nicht heute Abend damit fertig bist, so wartet eine Tracht Schläge auf dich. Meinst du, du könntest den ganzen Tag faulenzen?“ Das arme Mädchen setzte sich zu der Arbeit nieder, aber die Tränen flossen ihm dabei über die Wangen herab, denn es sah wohl, dass es unmöglich war, mit der Arbeit in einem Tage zu Ende zu kommen. Wenn es ein Häufchen Federn vor sich liegen hatte und es seufzte oder schlug in seiner Angst die Hände zusammen, so flogen sie auseinander, und es musste sie wieder auflesen und von neuem anfangen.
Da stützte es einmal die Ellbogen auf den Tisch, legte sein Gesicht in beide Hände und rief: „Ist denn niemand auf Gottes Erdboden, der sich meiner erbarmt?“ Indem hörte es eine sanfte Stimme, die sprach: „Tröste dich, mein Kind, ich bin gekommen, dir zu helfen.“ Das Mädchen blickte auf und eine alte Frau stand neben ihm. Sie fasste das Mädchen freundlich an der Hand und sprach: „Vertraue mir nur an, was dich drückt.“ Da sie so herzlich sprach, so erzählte ihr das Mädchen von seinem traurigen Leben, dass ihm eine Last auf die andere gelegt würde und es mit den aufgegebenen Arbeiten nicht mehr zu Ende kommen könnte.
„Wenn ich mit diesen Federn heute Abend nicht fertig bin, so schlägt mich die Stiefmutter. Sie hat mir’s angedroht, und ich weiß, sie hält Wort.“ Ihre Tränen fingen wieder an zu fließen, aber die gute Alte sprach: „Sei unbesorgt, mein Kind, ruhe dich aus, ich will derweil deine Arbeit verrichten.“ Das Mädchen legte sich auf sein Bett und schlief bald ein. Die Alte setzte sich an den Tisch mit den Federn, hu! Wie flogen sie von den Kielen ab, die sie mit ihren dürren Händen kaum berührte. Bald war sie mit den zwölf Pfund fertig.
Als das Mädchen erwachte, lagen große schneeweiße Haufen aufgetürmt, und alles war im Zimmer reinlich aufgeräumt, aber die Alte war verschwunden. Das Mädchen dankte Gott und saß still, bis der Abend kam. Da trat die Stiefmutter herein und staunte über die vollbrachte Arbeit. „Siehst du, Trulle,“ sprach sie, „was man ausrichtet, wenn man fleißig ist? hättest du nicht noch etwas anderes vornehmen können? aber da sitzest du und legst die Hände in den Schoß.“ Als sie hinausging, sprach sie: „Die Kreatur kann mehr als Brot essen, ich muss ihr schwerere Arbeit auflegen.“
Am anderen Morgen rief sie das Mädchen und sprach: „Da hast du einen Löffel, damit schöpfe mir den großen Teich aus, der bei dem Garten liegt. Und wenn du damit abends nicht zu Rand gekommen bist, so weißt du, was erfolgt.“ Das Mädchen nahm den Löffel und sah, dass er durchlöchert war, und wenn er es auch nicht gewesen wäre, es hätte nimmermehr damit den Teich ausgeschöpft. Es machte sich gleich an die Arbeit, kniete am Wasser, in das seine Tränen fielen, und schöpfte. Aber die gute Alte erschien wieder, und als sie die Ursache von seinem Kummer erfuhr, sprach sie:
„Sei getrost, mein Kind, geh in das Gebüsch und lege dich schlafen, ich will deine Arbeit schon tun.“ Als die Alte allein war, berührte sie nur den Teich: wie ein Dunst stieg das Wasser in die Höhe und vermischte sich mit den Wolken. Allmählich ward der Teich leer, und als das Mädchen vor Sonnenuntergang erwachte und herbeikam, so sah es nur noch die Fische, die in dem Schlamm zappelten. Es ging zu der Stiefmutter und zeigte ihr an, dass die Arbeit vollbracht wäre. „Du hättest längst fertig sein sollen,“ sagte sie und ward blass vor Ärger, aber sie sann etwas Neues aus.
Am dritten Morgen sprach sie zu dem Mädchen: „Dort in der Ebene musst du mir ein schönes Schloss bauen, und zum Abend muss es fertig sein.“ Das Mädchen erschrak und sagte: „Wie kann ich ein so großes Werk vollbringen?“ – „Ich dulde keinen Widerspruch,“ schrie die Stiefmutter, „kannst du mit einem durchlöcherten Löffel einen Teich ausschöpfen, so kannst du auch ein Schloss bauen. Noch heute will ich es beziehen, und wenn etwas fehlt, sei es das Geringste in Küche oder Keller, so weißt du, was dir bevorsteht.“ Sie trieb das Mädchen fort, und als es in das Tal kam, so lagen da die Felsen übereinander aufgetürmt; mit aller seiner Kraft konnte es den kleinsten nicht einmal bewegen.
Es setzte sich nieder und weinte, doch hoffte es auf den Beistand der guten Alten. Sie ließ auch nicht lange auf sich warten, kam und sprach ihm Trost ein: „Lege dich nur dort in den Schatten und schlafe, ich will dir das Schloss schon bauen. Wenn es dir Freude macht, so kannst du selbst darin wohnen.“ Als das Mädchen weggegangen war, rührte die Alte die grauen Felsen an. Alsbald regten sie sich, rückten zusammen und standen da, als hätten Riesen die Mauer gebaut: darauf erhob sich das Gebäude, und es war, als ob unzählige Hände unsichtbar arbeiteten und Stein auf Stein legten. Der Boden dröhnte, große Säulen stiegen von selbst in die Höhe und stellten sich nebeneinander in Ordnung.
Auf dem Dach legten sich die Ziegel zurecht, und als es Mittag war, drehte sich schon die große Wetterfahne wie eine goldene Jungfrau mit fliegendem Gewand auf der Spitze des Turms. Das Innere des Schlosses war bis zum Abend vollendet. Wie es die Alte anfing, weiß ich nicht, aber die Wände der Zimmer waren mit Seide und Sammet bezogen, bunt gestickte Stühle standen da und reich verzierte Armsessel an Tischen von Marmor, kristallene Kronleuchter hingen von der Bühne herab und spiegelten sich in dem glatten Boden: grüne Papageien saßen in goldenen Käfigen und fremde Vögel, die lieblich sangen: überall war eine Pracht, als wenn ein König da einziehen sollte. Die Sonne wollte eben untergehen, als das Mädchen erwachte und ihm der Glanz von tausend Lichtern entgegen leuchtete.
Mit schnellen Schritten kam es heran und trat durch das geöffnete Tor in das Schloss. Die Treppe war mit rotem Tuch belegt und das goldene Geländer mit blühenden Bäumen besetzt. Als es die Pracht der Zimmer erblickte, blieb es wie erstarrt stehen. Wer weiß, wie lang es so gestanden hätte, wenn ihm nicht der Gedanke an die Stiefmutter gekommen wäre. „Ach,“ sprach es zu sich selbst, „wenn sie doch endlich zufriedengestellt wäre und mir das Leben nicht länger zur Qual machen wollte.“
Das Mädchen ging und zeigte ihr an, dass das Schloss fertig wäre. „Gleich will ich einziehen,“ sagte sie und erhob sich von ihrem Sitz. Als sie in das Schloss eintrat, musste sie die Hand vor die Augen halten, so blendete sie der Glanz. „Siehst du,“ sagte sie zu dem Mädchen, „wie leicht dir’s geworden ist, ich hätte dir etwas Schwereres aufgeben sollen.“ Sie ging durch alle Zimmer und spürte in allen Ecken, ob etwas fehlte oder mangelhaft wäre, aber sie konnte nichts auffinden. „Jetzt wollen wir hinabsteigen,“ sprach sie und sah das Mädchen mit boshaften Blicken an, „Küche und Keller muss noch untersucht werden, und hast du etwas vergessen, so sollst du deiner Strafe nicht entgehen.“
Aber das Feuer brannte auf dem Herd, in den Töpfen kochten die Speisen, Kluft und Schippe waren angelehnt, und an den Wänden das blanke Geschirr von Messing aufgestellt. Nichts fehlte, selbst nicht der Kohlenkasten und die Wassereimer. „Wo ist der Eingang zum Keller?“ rief sie, „wo der nicht mit Weinfässern reichlich angefüllt ist, so wird dir’s schlimm ergehen.“ Sie hob selbst die Falltür auf und stieg die Treppe hinab, aber kaum hatte sie zwei Schritte getan, so stürzte die schwere Falltür, die nur angelehnt war, nieder. Das Mädchen hörte einen Schrei, hob die Türe schnell auf, um ihr zu Hilfe zu kommen, aber sie war hinabgestürzt, und es fand sie entseelt auf dem Boden liegen.
Nun gehörte das prächtige Schloss dem Mädchen ganz allein. Es wusste sich in der ersten Zeit gar nicht in seinem Glück zu finden, schöne Kleider hingen in den Schränken, die Truhen waren mit Gold und Silber oder mit Perlen und Edelsteinen angefüllt, und es hatte keinen Wunsch, den es nicht erfüllen konnte. Bald ging der Ruf von der Schönheit und dem Reichtum des Mädchens durch die ganze Welt. Alle Tage meldeten sich Freier, aber keiner gefiel ihr. Endlich kam auch der Sohn eines Königs, der ihr Herz zu rühren wusste, und sie verlobte sich mit ihm.
In dem Schlossgarten stand eine grüne Linde, darunter saßen sie eines Tages vertraulich zusammen, da sagte er zu ihr: „Ich will heimziehen und die Einwilligung meines Vaters zu unserer Vermählung holen. Ich bitte dich, harre mein hier unter dieser Linde, in wenigen Stunden bin ich wieder zurück.“ Das Mädchen küsste ihn auf den linken Backen und sprach: „Bleib mir treu, und lass dich von keiner anderen auf diesen Backen küssen. Ich will hier unter der Linde warten, bis du wieder zurückkommst.“
Das Mädchen blieb unter der Linde sitzen, bis die Sonne unterging, aber er kam nicht wieder zurück. Sie saß drei Tage von Morgen bis Abend und erwartete ihn, aber vergeblich. Als er am vierten Tag noch nicht da war, so sagte sie: „Gewiss ist ihm ein Unglück begegnet, ich will ausgehen und ihn suchen und nicht eher wiederkommen, als bis ich ihn gefunden habe.“
Sie packte drei von ihren schönsten Kleidern zusammen, eins mit glänzenden Sternen gestickt, das zweite mit silbernen Monden, das dritte mit goldenen Sonnen, band eine Handvoll Edelsteine in ihr Tuch und machte sich auf. Sie fragte allerorten nach ihrem Bräutigam, aber niemand hatte ihn gesehen, niemand wusste von ihm. Weit und breit wanderte sie durch die Welt, aber sie fand ihn nicht. Endlich vermietete sie sich bei einem Bauer als Hirtin, und vergrub ihre Kleider und Edelsteine unter einem Stein.
Nun lebte sie als eine Hirtin, hütete ihre Herde, war traurig und voll Sehnsucht nach ihrem Geliebten. Sie hatte ein Kälbchen, das gewöhnte sie an sich, fütterte es aus der Hand, und wenn sie sprach:
„Kälbchen, Kälbchen, knie nieder,
vergiss nicht deine Hirtin wieder,
wie der Königssohn die Braut vergaß,
die unter der grünen Linde saß,“
so kniete das Kälbchen nieder und ward von ihr gestreichelt.
Als sie ein paar Jahre einsam und kummervoll gelebt hatte, so verbreitete sich im Lande das Gerücht, dass die Tochter des Königs ihre Hochzeit feiern wollte. Der Weg nach der Stadt ging an dem Dorf vorbei, wo das Mädchen wohnte, und es trug sich zu, als sie einmal ihre Herde austrieb, dass der Bräutigam vorüberzog. Er saß stolz auf seinem Pferd und sah sie nicht an, aber als sie ihn ansah, so erkannte sie ihren Liebsten. Es war, als ob ihr ein scharfes Messer in das Herz schnitt. „Ach,“ sagte sie, „ich glaubte, er wäre mir treu geblieben, aber er hat mich vergessen.“
Am anderen Tag kam er wieder des Wegs. Als er in ihrer Nähe war, sprach sie zum Kälbchen:
„Kälbchen, Kälbchen, knie nieder,
vergiss nicht deine Hirtin wieder,
wie der Königssohn die Braut vergaß,
die unter der grünen Linde saß.“
Als er die Stimme vernahm, blickte er herab und hielt sein Pferd an. Er schaute der Hirtin ins Gesicht, hielt dann die Hand vor die Augen, als wollte er sich auf etwas besinnen, aber schnell ritt er weiter und war bald verschwunden. „Ach,“ sagte sie, „er kennt mich nicht mehr,“ und ihre Trauer ward immer größer.
Bald darauf sollte an dem Hofe des Königs drei Tage lang ein großes Fest gefeiert werden, und das ganze Land ward dazu eingeladen. „Nun will ich das letzte versuchen,“ dachte das Mädchen, und als der Abend kam, ging es zu dem Stein, unter dem es seine Schätze vergraben hatte. Sie holte das Kleid mit den goldenen Sonnen hervor, legte es an und schmückte sich mit den Edelsteinen. Ihre Haare, die sie unter einem Tuch verborgen hatte, band sie auf, und sie fielen in langen Locken an ihr herab. So ging sie nach der Stadt und ward in der Dunkelheit von niemand bemerkt.
Als sie in den hell erleuchteten Saal trat, wichen alle voll Verwunderung zurück, aber niemand wusste, wer sie war. Der Königssohn ging ihr entgegen, doch er erkannte sie nicht. Er führte sie zum Tanz und war so entzückt über ihre Schönheit, dass er an die andere Braut gar nicht mehr dachte. Als das Fest vorüber war, verschwand sie im Gedränge und eilte vor Tagesanbruch in das Dorf, wo sie ihr Hirtenkleid wieder anlegte.
Am anderen Abend nahm sie das Kleid mit den silbernen Monden heraus und steckte einen Halbmond von Edelsteinen in ihre Haare. Als sie auf dem Fest sich zeigte, wendeten sich alle Augen nach ihr, aber der Königssohn eilte ihr entgegen, und ganz voll Liebe erfüllt tanzte er mit ihr allein und blickte keine andere mehr an. Ehe sie wegging, musste sie ihm versprechen, den letzten Abend nochmals zum Fest zu kommen. Als sie zum dritten Mal erschien, hatte sie das Sternenkleid an, das bei jedem ihrer Schritte funkelte, und Haarband und Gürtel waren Sterne von Edelsteinen.
Der Königssohn hatte schon lange auf sie gewartet und drängte sich zu ihr hin. „Sage mir nur, wer du bist,“ sprach er, „mir ist, als wenn ich dich schon lange gekannt hätte.“ – „Weißt du nicht,“ antwortete sie, „was ich tat, als du von mir schiedest?“ Da trat sie zu ihm heran und küsste ihn auf den linken Backen: in dem Augenblick fiel es wie Schuppen von seinen Augen, und er erkannte die wahre Braut.
„Komm,“ sagte er zu ihr, „hier ist meines Bleibens nicht länger,“ reichte ihr die Hand und führte sie hinab zu dem Wagen. Als wäre der Wind vorgespannt, so eilten die Pferde zu dem Wunderschloss. Schon von weitem glänzten die erleuchteten Fenster. Als sie bei der Linde vorbei fuhren, schwärmten unzählige Glühwürmer darin, sie schüttelte ihre Äste und sendete ihre Düfte herab. Auf der Treppe blühten die Blumen, aus dem Zimmer schallte der Gesang der fremden Vögel, aber in dem Saal stand der ganze Hof versammelt, und der Priester wartete, um den Bräutigam mit der wahren Braut zu vermählen.

Hintergründe
Interpretationen
Adaptionen
Zusammenfassung
Handlung
Textanalyse
„Die wahre Braut“ (KHM 186) ist ein Märchen, das in der 5. Auflage der Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm im Jahr 1843 veröffentlicht wurde. Es basiert auf einer Erzählung aus der Oberlausitz, die Moriz Haupt 1842 in seiner Zeitschrift für deutsches Alterthum veröffentlichte. Die Brüder Grimm haben die Geschichte später in ihre Sammlung aufgenommen.
Das Märchen besteht aus drei Hauptteilen: Die böse Stiefmutter, die Suche als Hirtin und die Festnächte. Im ersten Teil wird das Mädchen von seiner Stiefmutter gequält, doch eine alte Frau hilft ihr bei den schwierigen Aufgaben. Im zweiten Teil wird das Mädchen, nachdem sie sich mit einem Königssohn verlobt hat, zur Hirtin. Im dritten Teil nimmt das Mädchen, in verschiedenen prächtigen Kleidern verkleidet, an einem Fest teil, bei dem sie schließlich vom Königssohn erkannt und als seine wahre Braut akzeptiert wird.
Die Struktur des Märchens folgt dem Muster der magischen Helfer und der Abfolge von drei Aufgaben bzw. drei Nächten, die das Mädchen bestehen muss. Die drei Aufgaben, die das Mädchen lösen muss, symbolisieren möglicherweise die Elemente Luft, Wasser und Erde. Die Geschichte enthält zudem ein Gedicht, das das Mädchen als Hirtin zu ihrem Kälbchen spricht, was als Metapher für ihren Mann oder ein Kind interpretiert werden kann. In Bezug auf die Interpretation des Märchens gibt es unterschiedliche Meinungen. Edzard Storck sieht die Aufgaben als Läuterungen und das Schloss als den Körper des Mädchens. Wilhelm Salber hingegen interpretiert die Geschichte im Kontext von Maßlosigkeit und Sich-Klein-Machen.
Das Märchen wurde in verschiedenen Medien adaptiert, unter anderem in der Fernsehsendung „The Storyteller“ von Jim Henson im Jahr 1987 und in der ARD-Märchenfilmreihe „Sechs auf einen Streich“ im Jahr 2020. Die Geschichte von „Die wahre Braut“ wurde von verschiedenen Forschern analysiert und untersucht, darunter Heinz Rölleke und Hans-Jörg Uther. Ihre Werke bieten tiefergehende Einblicke in die Entstehung, Wirkung und Interpretation des Märchens.
Verschiedene Interpretationen zum Märchen „Die wahre Braut“ (KHM 186) der Gebrüder Grimm bieten unterschiedliche Perspektiven auf die Geschichte. Hier sind einige davon:
Läuterung und persönliche Entwicklung: Edzard Storck sieht die Aufgaben, die das Mädchen im Märchen bewältigen muss, als Läuterungen oder Prüfungen an, die zur persönlichen Entwicklung beitragen. Die erfolgreiche Lösung der Aufgaben zeigt die innere Stärke und Widerstandsfähigkeit des Mädchens und führt zu ihrer Transformation und Selbstfindung.
Körper und Geist: Storck interpretiert das Schloss, das das Mädchen bauen muss, als Symbol für den eigenen Körper und das Innenleben des Mädchens. Dieser Aspekt betont die Verbindung zwischen Körper und Geist und zeigt, dass die äußeren Umstände und Prüfungen Einfluss auf die innere Welt einer Person haben.
Maßlosigkeit und Demut: Wilhelm Salber beschreibt das Thema der Maßlosigkeit und des Sich-Klein-Machens im Märchen. Das Mädchen ist bereit, sich selbst zu erniedrigen, um die ihr gestellten Aufgaben zu bewältigen. Die Geschichte zeigt, dass manchmal Demut und Opferbereitschaft erforderlich sind, um Hindernisse zu überwinden und wahre Liebe zu finden.
Natur und Elemente: Die drei Aufgaben, die das Mädchen lösen muss, könnten die Elemente Luft, Wasser und Erde symbolisieren. Dies zeigt die enge Verbindung zwischen dem Menschen und der Natur und die Bedeutung des Einklangs mit den natürlichen Kräften.
Die Rolle des Helfers: Die alte Frau, die dem Mädchen hilft, zeigt die Wichtigkeit von Hilfe und Unterstützung in schwierigen Zeiten. Die Helfer können als eine Art Schutzengel oder göttliche Führung interpretiert werden, die den Menschen auf ihrem Weg zur Selbstverwirklichung und Glück beistehen.
Die Kraft der Liebe: Das Märchen betont auch die Kraft der Liebe und die Fähigkeit, über Hindernisse hinwegzusetzen und schließlich zueinanderzufinden. Der Königssohn erkennt seine wahre Braut trotz der Veränderungen, die sie durchgemacht hat, und zeigt, dass wahre Liebe alle Prüfungen überdauern kann.
Insgesamt bietet das Märchen „Die wahre Braut“ zahlreiche Interpretationsmöglichkeiten und regt zum Nachdenken über verschiedene Themen wie Selbstfindung, persönliche Entwicklung, Natur und die Kraft der Liebe an.
„Die wahre Braut“ ist ein deutsches Märchen, das von den Brüdern Grimm in Grimms Märchen als Märchen 186 gesammelt wurde. Es kombiniert zwei Aarne-Thompson-Typen: 510, die verfolgte Heldin, und 884, die verlassene Verlobte. Andere Märchen des ersten Typs sind z.B. „Aschenputtel“, „Der goldene Pantoffel“, „Die Geschichte von Tam und Cam“, „Rushen Coatie“, „Die wunderbare Birke“, „Fair, Brown and Trembling“ und „Katie Woodencloak“. Andere Märchen des zweiten Typs sind „Die zwölf Jäger“, „Die zwei Königskinder“ und „Sweetheart Roland“. Es gibt verschiedene Adaptionen des Märchens „Die wahre Braut“ (KHM 186) der Gebrüder Grimm in Literatur, Film und Fernsehen. Einige Beispiele dafür sind:
Literatur: Ludwig Bechstein übernahm das Märchen „Die wahre Braut“ in seinem „Deutschen Märchenbuch“ von 1845 unter dem Titel „Helene“. Diese Version folgt eng der Originalgeschichte und basiert auf der Quelle von Moriz Haupt.
Fernsehserien: The Storyteller (1987): Die Fernsehserie „The Storyteller“ von Jim Henson verfilmte das Märchen als eine Episode der Serie. In dieser Adaption wird die böse Stiefmutter durch einen bösen Troll ersetzt, der dem Mädchen schwierige Aufgaben stellt. Anstelle der alten Frau hilft ein weißer Löwe dem Mädchen bei der Lösung der Aufgaben. Der Prinz wird nicht von einer anderen Prinzessin verzaubert, sondern von der hässlichen Tochter des Trolls.
Filme: Sechs auf einen Streich (2020): In der 13. Staffel der ARD-Märchenfilmreihe „Sechs auf einen Streich“ wurde das Märchen als „Helene, die wahre Braut“ verfilmt. Diese Version bleibt dem Originalmärchen der Gebrüder Grimm treu und erzählt die Geschichte des Mädchens, das die schwierigen Aufgaben bewältigen muss, um ihre wahre Liebe zu finden.
Theater- und Musical-Adaptionen: Im Laufe der Jahre gab es verschiedene Theater- und Musical-Produktionen, die sich auf das Märchen „Die wahre Braut“ bezogen oder es adaptiert haben. Diese Adaptionen nehmen oft kreative Freiheiten, um das Märchen für die Bühne anzupassen und neue Elemente hinzuzufügen.
Die verschiedenen Adaptionen des Märchens „Die wahre Braut“ zeigen die anhaltende Beliebtheit und den Einfluss dieser Geschichte. Jede Adaption bringt ihre eigene Interpretation und künstlerische Umsetzung, was zu neuen und interessanten Variationen des klassischen Märchens führt.
„Die wahre Braut“ (KHM 186) ist ein Märchen der Gebrüder Grimm, das von einem schönen und fleißigen Mädchen handelt, das von seiner bösen Stiefmutter gequält wird. Die Stiefmutter stellt dem Mädchen mehrere schwerere Aufgaben: Zuerst muss es an einem Tag zwölf Pfund Federn abschleißen, dann einen See mit einem löchrigen Löffel leeren und schließlich ein Schloss bauen. Bei jeder Aufgabe erscheint eine alte Frau und hilft dem Mädchen, während es schläft.
Nachdem die böse Stiefmutter im Schlosskeller zu Tode stürzt, verlobt sich das Mädchen mit einem Königssohn. Als dieser die Zustimmung seines Vaters zur Hochzeit einholen möchte, küsst das Mädchen ihn auf die linke Wange und wartet drei Tage unter einer Linde. Da sie keine Nachricht vom Prinzen erhält, sucht sie ihn und arbeitet in der Zwischenzeit als traurige Hirtin.
Zweimal reitet ihr Geliebter, der inzwischen von einer anderen Königstochter zur Hochzeit gezwungen wird, an ihr vorbei, ohne sie zu erkennen. Bei einem dreitägigen Fest tanzt sie mit ihm in drei verschiedenen prächtigen Kleidern – eines mit Sonnen, eines mit Monden und eines mit Sternen. Als sie ihn auf die linke Wange küsst, erkennt er sie endlich. Das Paar heiratet im Schloss der wahren Braut, und ihre Liebe wird erfüllt.
Ein schönes junges Mädchen wurde von ihrer bösen Stiefmutter zu harter Arbeit gezwungen. Eines Tages ließ die Stiefmutter sie vor der Nacht zwölf Pfund Federn pflücken und versprach ihr eine Tracht Prügel, wenn sie versagte. Das Mädchen weinte. Eine alte Frau fragte nach ihren Problemen. Sie erzählte es ihnen, und die alte Frau versprach, dass alles gut werden würde, und sagte ihr, sie solle sich hinlegen. Das Mädchen schlief, und die alte Frau pflückte die Federn. Am nächsten Tag ließ die Stiefmutter sie mit einem Löffel einen Teich leeren. Die alte Frau schlief in einem Dickicht und berührte den Teich mit dem Löffel, was den Teich in Dampf verwandelte. Am dritten Tag befahl ihr die Stiefmutter, eine Burg in einem felsigen Tal zu bauen.
Die alte Frau schlief im Schatten und bewegte die Felsen, um eine Burg zu bauen. Die Stiefmutter inspizierte jeden Zentimeter davon und versprach eine Tracht Prügel, wenn nicht alles so wäre, wie es sein sollte. Sie ging hin, um zu überprüfen, ob der Keller gefüllt war, und die Kellertür fiel auf sie, was sie tötete. Das Mädchen lebte allein im Schloss. Es war voller Reichtümer, und Geschichten über ihre Schönheit und ihren Reichtum verbreiteten sich. Viele Liebhaber kamen zu ihr. Endlich gewann ein Königssohn ihr Herz. Er ging, um die Zustimmung seines Vaters einzuholen. Sie küsste ihn, sagte ihm, er solle sich von keinem anderen auf die Wange küssen lassen, und setzte sich unter eine Linde, um auf ihn zu warten.
Am vierten Tag ohne seine Rückkehr packte sie drei Kleider ein, die mit Sonnen, Monden und Sternen bestickt waren, und machte sich auf die Suche nach ihm. Sie konnte ihn nicht finden, wen auch immer sie fragte, und nahm schließlich eine Stelle als Kuhhirtin an und begrub ihre Juwelen und Kleider unter einem Felsen. Sie machte aus einem kleinen Kalb ein Haustier und sang ihm davon, dass sie verlassen wurde. Nach einigen Jahren hörte sie, dass die Tochter des Königs heiraten sollte, und sah, dass der Bräutigam ihr Prinz war. Sie sang ihrem Kalb etwas vor, als der Prinz vorbeiritt, und er sah sie an, aber er erinnerte sich nicht an sie. Als drei Tage lang die Hochzeitsfeierlichkeiten stattfanden, kleidete sie sich in ihr Sonnenkleid und ging zum ersten Ball. Sie verzauberte den Prinzen so sehr, dass er seine neue Braut vergaß. In der zweiten Nacht trug sie das Gewand mit Monden und verzauberte ihn erneut. Sie musste versprechen, in der dritten Nacht zu kommen, um wegzukommen. In der dritten Nacht trug sie das Gewand mit den Sternen, und als sie ihn küsste, erinnerte er sich an sie. Sie gingen zurück zu ihrem Schloss und heirateten dort.
„Linguistische Analyse des Märchens ‚Die wahre Braut‘ der Gebrüder Grimm“
Das Märchen „Die wahre Braut“ von den Gebrüdern Grimm ist ein klassischer Text der deutschen Märchenliteratur. Bei einer linguistischen Analyse dieses Märchens können mehrere Aspekte betrachtet werden:
Sprachliche Struktur und Stil
Syntax: Der Text verwendet häufig komplexe Satzstrukturen, die typisch für die Erzählweise der Brüder Grimm sind. Lange Satzgefüge mit Nebensätzen sind charakteristisch und tragen zur märchenhaften Erzählweise bei.
Lexik: Die Wortwahl ist einerseits von der damaligen Alltagssprache geprägt, enthält andererseits aber auch eine für Märchen typische poetische und archaische Sprache. Beispielhafte Begriffe wie „Trulle“, „Kreatur“, und „wesenhaft“ verleihen dem Text eine alte, geschichtliche Atmosphäre.
Wiederholungen: Typisch für Märchen ist die Verwendung von wiederholten Strukturen und Formeln, die zur Spannung und zum pädagogischen Charakter beitragen. Im Märchen werden Beschwörungen und Wünsche der Protagonistin mehrmals wiederholt, z.B. die Bitte um Hilfe oder der Spruch mit dem Kälbchen.
Semantik und Pragmatik
Symbolik: Märchen verwenden oft symbolische Elemente, welche archetypische Themen illustrieren. In „Die wahre Braut“ sind die böse Stiefmutter, die gute Alte als beschützende Figur und das Schloss Symbole für Prüfung, Hilfe und Belohnung.
Moral und Lektion: Die pragmatische Analyse zeigt, dass dieses Märchen, wie viele andere, eine moralische Lektion enthält: Durchhaltevermögen, Tugend und wahrer Fleiß führen zum Erfolg und Glück, während Missgunst und Boshaftigkeit letztendlich bestraft werden.
Narrative Strukturen
Rahmen und Handlung: Das Märchen folgt einem klassischen heroischen Erzählmuster, beginnend mit einer Notlage, gefolgt von Prüfungen, Unterstützung durch eine Helferfigur, gefolgt von der Überwindung der Probleme und dem schlussendlichen triumphalen Schluss.
Figurenkonstellation
Die Figuren sind typisch eindimensional: die Protagonistin ist gut und leidet, die Stiefmutter böse und fordernd, und die alte Frau magisch und hilfreich. Der Prinz ist ebenfalls schematisch dargestellt.
Phonetik und Phonologie
Klang und Rhythmus: Die Sätze sind melodisch und rhythmisch, wie in traditionellen Märchen üblich, was ihre mündliche Überlieferung erleichtert. Der Text nutzt Alliteration und Assonanz, um den Klang zu verstärken.
Insgesamt zeigt die linguistische Analyse von „Die wahre Braut“, dass das Märchen auf mehreren Ebenen mit klassischen erzählerischen und sprachlichen Mitteln arbeitet, um seine Botschaft und Emotionalität zu übermitteln und die Aufnahme in die Märchenanthologie der Brüder Grimm nachhaltig zu sichern.
Informationen für wissenschaftliche Analysen
Kennzahl | Wert |
---|---|
Nummer | KHM 186 |
Aarne-Thompson-Uther-Index | ATU Typ 510 |
Übersetzungen | DE, EN, ES, PT, IT, JA, NL, PL, RU, TR, VI, ZH |
Lesbarkeitsindex nach Amstad | 73.6 |
Lesbarkeitsindex nach Björnsson | 37.3 |
Flesch-Reading-Ease Index | 61.6 |
Flesch–Kincaid Grade-Level | 9.6 |
Gunning Fog Index | 10.7 |
Coleman–Liau Index | 11.7 |
SMOG Index | 10.9 |
Automated Readability Index | 10.5 |
Zeichen-Anzahl | 14.244 |
Anzahl der Buchstaben | 11.257 |
Anzahl der Sätze | 121 |
Wortanzahl | 2.413 |
Durchschnittliche Wörter pro Satz | 19,94 |
Wörter mit mehr als 6 Buchstaben | 419 |
Prozentualer Anteil von langen Wörtern | 17.4% |
Silben gesamt | 3.565 |
Durchschnittliche Silben pro Wort | 1,48 |
Wörter mit drei Silben | 215 |
Prozentualer Anteil von Wörtern mit drei Silben | 8.9% |