Vorlesezeit für Kinder: 9 min
„Jetzt werde ich erzählen!“ sagte der Wind. „Nein, erlauben Sie, „sagte das Regenwetter, „jetzt ist die Reihe an mir! Sie haben lange genug an der Straßenecke gestanden und haben geheult, was Sie heulen konnten!“ – „Ist das der Dank“, sagte der Wind, „weil ich Ihnen zur Ehre manchen Regenschirm umgekippt, ja zerknickt habe, wenn die Leute nichts von Ihnen wissen wollten!“ – „Ich erzähle!“ sagte der Sonnenschein. „Still!“, und das wurde mit Glanz und Majestät gesagt, so dass der Wind sich legte, so lang er war, aber das Regenwetter rüttelte den Wind und sagte: „Daß wir das ertragen müssen! Sie bricht immer durch, diese Madame Sonnenschein. Wir wollen sie nicht anhören! Es ist der Mühe nicht wert!“
Und der Sonnenschein erzählte: „Es flog ein Schwan über das rollende Meer dahin, jede Feder desselben leuchtete wie Gold. Eine Feder fiel herab auf das große Kaufmannsschiff, welches mit vollen Segeln vorüberglitt. Die Feder fiel auf den Lockenkopf eines jungen Mannes, des Beaufsichtigers der Waren, Superkargo nannten sie ihn. Die Feder des Glücksvogels berühre seine Stirn, wurde zur Schreibfeder in seiner Hand, und er wurde bald der reiche Kaufmann, der sich schon Sporen von Gold kaufen und eine goldne Schüssel in einen Adelsschild verwandeln konnte. Ich habe den Schild beschienen!“ sagte der Sonnenschein.
„Der Schwan flog über die grüne Wiese dahin, wo der kleine Schafhüter, ein Knaben von sieben Jahren, sich in den Schatten des alten einzigen Baumes hingestreckt hatte. Und der Schwan in seinem Fluge küsste ein Blatt des Baumes und das Blatt fiel herab, in die Hand des Knaben, und dieses eine Blatt wurde zu dreien, wurde zu zehn Blättern, wurde zu einem ganzen Buch, und der Knabe las in demselben von den Wunderwerken der Natur, von der Muttersprache, von Glauben und Wissen. Wenn er schlafen ging, legte er das Buch unter seinen Kopf, damit er nicht vergessen möchte, was er gelesen, und das Buch trug ihn auf die Schulbank und zu dem Tische des Gelehrten. Ich habe seinen Namen unter denen der Gelehrten gelesen!“ sagte der Sonnenschein.
„Der Schwan flog in die Waldeinsamkeit, ruhte sich dort aus auf den stillen dunklen Seen, wo die Wasserlilien blühen, wo die wilden Waldäpfel wachsen und des Kuckucks und der Waldtaube Heimat ist. Eine arme Frau las dort Reisig auf; herabgefallene Baumzweige, die sie in einem Bündel auf ihrem Rücken trug, ihr Kind trug sie an der Brust, und so wanderte sie ihren Weg nach Hause. Sie sah den goldenen Schwan, den Glücksschwan, sich von dem schilfbewachsenen Ufer emporschwingen. Was glänzte dort? Ein goldiges Ei. Es war noch warm. Sie legte es an ihre Brust, und es blieb warm, das Ei hatte gewiss Leben. Ja, es tickte hinter der Schale. Sie fühlte das und glaubte, es sei ihr eigenes Herz, welches klopfte.
Zu Hause in ihrem ärmlichen Stübchen nahm sie das Goldei hervor. Ticktick! sagte es, als sei es eine köstliche goldene Uhr, aber es war ein Ei mit lebendigem Leben. Das Ei platzte, ein kleines Schwanenjunges, wie aus dem reisten Gold, strecke das Köpfchen hervor. Das Junge hatte vier Ringe und den Hals, und da die arme Frau gerade vier Knaben, drei zu Hause und den vierten, den sie bei sich in der Waldeinsamkeit getragen, hatte, so begriff sie sogleich, dass hier ein Ring für jedes der Kinder sei, und indem sie das begriff, flog der kleine Goldvogel davon.
Sie küsste jeden Ring, ließ jedes der Kinder einen von den Ringen küssen, legte diesen an das Herz des Kindes und steckte ihn an seinen Finder. „Ich sah dies alles“ sagte der Sonnenschein, „ich sah auch, was darauf geschah. Der eine Knabe setzt sich an den Lehmgraben, nahm einen Klumpen Lehm zur Hand, drehte und formte ihn mit den Fingern, und es wurde eine Jasongestalt daraus, die, welche das Goldene Vlies geholt hatte. Der zweite der Knaben lief sogleich auf die Wiese hinaus, wo Blumen in allen denkbaren Farben standen. Er pflückte eine Handvoll, drückte sie, dass der Saft ihm in die Augen spritzte und den Ring benetzt. Es kribbelte und krabbelte in Gedanken und in der Hand, und nach Jahren und Tagen sprach die große Stadt von dem großen Meister.
Der dritte der Knaben hielt den Ring so fest in seinem Mund, dass er Klang und Widerhall vom Herzboden gab, Gefühle und Gedanken stiegen empor in Tönen, stiegen empor wie singende Schwäne, tauchten wie Schwäne hinab in den tiefen See, den tiefen See der Gedanken. Er wurde ein Meister der Töne, jedes Land kann nun sagen: „Mir gehört er an!“
Der vierte Kleine, ja, der war nun der Zurückgesetzte. Er habe den Pips, sagten die Leute, er müsse Pfeffer und Butter haben, wie die kranken Hühner, geschmiert werden – und das meinten sie nun in ihrem Sinne, und Schmiere bekam er, aber von mir bekam er einen Sonnenschein-Kuss!“ sagte der Sonnenschein. „Er bekam zehn Küsse für einen. Er war eine Dichter-Natur, er wurde gebliebkost und geküsst; aber den Glücksring hatte er vom goldenen Schwan des Glücks. Seine Gedanken flogen aus wie singende Schmetterlinge, der Unsterblichkeit Symbol.“
„Das war eine lange Geschichte!“ sagte der Wind. „Und langweilig!“ sagte das Regenwetter. „Blase mich an, dass ich mich wieder erhole!“ Und der Wind blies, und der Sonnenschein erzählte: Der Glücksschwan flog über den tiefen Meerbusen dahin, wo die Fischer ihr Garn ausgeworfen hatte. Der ärmste derselben dachte daran, sich zu verheiraten und er heiratete.
Ihm brachte der Schwan ein Stück Bernstein, und der Bernstein zieht an, er zog die Herzen ans Haus heran. Bernstein ist die schönste Räucherung. Es kam ein Duft ins Haus wie aus der Kirche, ein Duft wie aus der Natur Gottes. Er und die Seinen empfangen so recht das Glück des häuslichen Lebens, Zufriedenheit in kleinen Verhältnisse, und ihr Leben gestaltete sich deshalb auch zu einer ganzen Sonnenschein-Geschichte.“ – „Brechen wir aber jetzt ab!“ sagte der Wind. „Nun hat der Sonnenschein lange genug erzählt. Ich habe mich gelangweilt!“ – „Ich auch“, sagte das Regenwetter. Was sagen nun wir anderen, die wir die Geschichten gehört haben? Wir sagen: „Nun sind sie aus!“.
Hintergründe zum Märchen „Sonnenschein-Geschichten“
Hans Christian Andersen (1805-1875) war ein dänischer Schriftsteller, der vor allem für seine Märchen für Kinder bekannt ist. Seine Geschichten sind häufig metaphorisch, fantasievoll und von zeitloser Relevanz. Andersen zog seine Inspiration aus verschiedenen Quellen, darunter seine eigenen Erfahrungen, die Volkstraditionen und die Natur.
„Sonnenschein-Geschichten“ ist ein weniger bekanntes Märchen von Andersen, aber es bleibt ein Beispiel für seinen charakteristischen Stil und seine Fähigkeit, komplexe Themen auf einfache und verständliche Weise zu vermitteln. Die Hauptfiguren in diesem Märchen, der Sonnenschein, der Wind und das Regenwetter, repräsentieren verschiedene Aspekte der Natur und dienen als Vermittler von Geschichten, die tiefere Bedeutungen und Botschaften vermitteln.
Andersens Märchen sind oft als soziale Kritik und Reflexion über menschliche Werte interpretiert worden. „Sonnenschein-Geschichten“ kann in diesem Zusammenhang als ein Kommentar über den Wert von Glück, Zufriedenheit und innerem Reichtum gesehen werden. Diese Ideen spiegeln sich in der Art und Weise wider, wie der goldene Schwan das Leben der Menschen, die er berührt, beeinflusst. Andersens Märchen sind auch dafür bekannt, dass sie ein tiefes Verständnis für die Natur und ihre Schönheit zeigen. „Sonnenschein-Geschichten“ ist hier keine Ausnahme, da der Sonnenschein als Erzähler fungiert und die Kraft der Natur in den verschiedenen Geschichten, die er erzählt, eine zentrale Rolle spielt.
Insgesamt ist „Sonnenschein-Geschichten“ ein eindrucksvolles Beispiel für Hans Christian Andersens Fähigkeit, komplexe Themen und menschliche Erfahrungen auf eine einfache, bildhafte und zugängliche Weise zu vermitteln. Das Märchen lädt zur Reflexion über die Natur des Glücks, die Vielfalt menschlicher Erfahrungen und die Bedeutung von innerem Reichtum und Zufriedenheit ein.
Interpretationen zum Märchen „Sonnenschein-Geschichten“
„Sonnenschein-Geschichten“ von Hans Christian Andersen ist ein Märchen, das verschiedene Interpretationen zulässt. Einige mögliche Interpretationen sind:
Schicksal und des Glück: Der goldene Schwan repräsentiert das Schicksal oder das Glück, das unerwartet in das Leben der Menschen eintritt und sie auf verschiedene Weise segnet. Die Geschichten zeigen, wie das Schicksal oder das Glück das Leben der Menschen in verschiedenen Situationen und Berufen beeinflussen kann.
Die Macht der Natur: Der Sonnenschein, der die Geschichten erzählt, repräsentiert die Natur und ihre Fähigkeit, Leben und Schönheit zu schaffen und zu beeinflussen. Die Natur spielt in jeder der Geschichten eine wichtige Rolle, sei es durch den goldenen Schwan oder den Sonnenschein selbst.
Die Vielfalt menschlicher Talente: Die verschiedenen Menschen, die von dem goldenen Schwan berührt werden, repräsentieren die Vielfalt menschlicher Talente und Erfolge. Jeder von ihnen erreicht Ruhm und Glück auf seine Weise, sei es durch Reichtum, Wissen, künstlerische Fähigkeiten oder ein glückliches Familienleben.
Zufriedenheit und innerer Reichtum: Obwohl die Menschen, die vom Schwan berührt werden, in unterschiedlichem Maße materiellen Reichtum erlangen, liegt der wahre Wert ihrer Erfolge in der Zufriedenheit und dem inneren Reichtum, den sie erfahren. Dies zeigt, dass Glück und Erfüllung weniger von äußeren Umständen als vielmehr von inneren Werten und Einstellungen abhängen.
Kontrast zwischen Kritik und innerem Wert: Die Reaktionen des Windes und des Regenwetters auf die Geschichten des Sonnenscheins zeigen, dass äußere Kritik und Langeweile nicht unbedingt den wahren Wert einer Geschichte oder einer Erfahrung widerspiegeln. Die Zuhörer erkennen die Schönheit und die Bedeutung der Geschichten, auch wenn der Wind und das Regenwetter sie abwertend behandeln.
Zusammenfassung der Handlung
In „Sonnenschein-Geschichten“ von Hans Christian Andersen erzählt der Sonnenschein verschiedene Geschichten über einen goldenen Schwan, der Menschen Glück bringt. Der Schwan fliegt über das Meer, die Wiesen und die Wälder und berührt das Leben von Menschen, die von seinem Zauber profitieren.
Eine goldene Feder des Schwans macht einen jungen Kaufmann reich und erfolgreich. Ein goldenes Blatt, das vom Schwan geküsst wird, verwandelt sich in ein Buch, das einen Hirtenjungen in die Welt der Gelehrten führt. Der Schwan hinterlässt auch ein goldenes Ei bei einer armen Frau, aus dem ein Schwanenjunges schlüpft. Das Junge hat vier Ringe am Hals, die die Frau ihren vier Kindern gibt. Jeder Ring verleiht den Kindern besondere Fähigkeiten und führt sie zu Ruhm und Erfolg.
Schließlich gibt der Schwan einem Fischer ein Stück Bernstein, das ihm und seiner Familie ein glückliches und zufriedenes Leben beschert. Während der Wind und das Regenwetter die Geschichten des Sonnenscheins langweilig finden, erkennen die Zuhörer, dass das Glück des goldenen Schwans in vielfältiger Weise auf die Menschen wirkt.
Informationen für wissenschaftliche Analysen
Kennzahl | Wert |
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Übersetzungen | DE, EN, DA, ES, FR |
Lesbarkeitsindex nach Amstad | 77.2 |
Lesbarkeitsindex nach Björnsson | 32.7 |
Flesch-Reading-Ease Index | 64.4 |
Flesch–Kincaid Grade-Level | 7.9 |
Gunning Fog Index | 7.7 |
Coleman–Liau Index | 12 |
SMOG Index | 10.2 |
Automated Readability Index | 8.4 |
Zeichen-Anzahl | 6.049 |
Anzahl der Buchstaben | 4.791 |
Anzahl der Sätze | 69 |
Wortanzahl | 997 |
Durchschnittliche Wörter pro Satz | 14,45 |
Wörter mit mehr als 6 Buchstaben | 182 |
Prozentualer Anteil von langen Wörtern | 18.3% |
Silben gesamt | 1.506 |
Durchschnittliche Silben pro Wort | 1,51 |
Wörter mit drei Silben | 103 |
Prozentualer Anteil von Wörtern mit drei Silben | 10.3% |