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Es war einmal eine arme Frau, die hatte einen Sohn, der wollte so gerne reisen. Da sagte die Mutter:
„Wie kannst du reisen? Wir haben ja gar kein Geld, das du mitnehmen kannst.“ Da sagte der Sohn: „Ich werde mir schon helfen, und werde immer sagen: Nicht viel, nicht viel, nicht viel!“
Da ging er nun eine gute Zeit dahin und sagte immer: „Nicht viel, nicht viel!“ Kam er zu einigen Fischern und sagte: „Gott helfe euch! Nicht viel, nicht viel, nicht viel!“
„Was sagst du, Kerl, nicht viel?“
Und als sie das Fischergarn herauszogen, kriegten sie auch nicht viele Fische. Einer der Fischer ging daraufhin mit einem Stock auf den Jungen los und sagte:
„Jetzt sollst du mal deine Dresche sehen!“ und verdrosch ihn jämmerlich.
„Was soll ich denn sagen?“ fragte der Junge. „Du sollst sagen: Fang voll, fang voll!“
Da ging er wieder eine Zeit lang und sagte:
„Fang voll, fang voll,“ bis er an einen Galgen kam, wo gerade ein armer Sünder gerichtet werden sollte.
Da sagte er: „Guten Morgen, fang voll, fang voll.“
„Was sagst du, Kerl, fang voll? Soll es denn noch mehr böse Leute in der Welt geben? Ist das noch nicht genug?“ Und er kriegte wieder etwas auf den Buckel drauf. „Was soll ich denn sagen?“
„Du sollst sagen: Gott tröste die arme Seele.“
Der Junge ging wieder eine ganze Zeit und sagte: „Gott tröste die arme Seele.“ Da kam er an einen Graben, da stand ein Abdecker, der zog einem Pferd die Haut ab.
Der Junge sagte: „Guten Morgen, Gott tröste die arme Seele!“
„Was sagst du da, dummer Kerl?“ sagte der Abdecker und schlug ihm mit seinem Haken eins hinter die Ohren, dass er nicht mehr aus den Augen sehen konnte. „Was soll ich denn sonst sagen?“
„Du sollst sagen: da liegt das Aas im Graben!“
Da ging er wieder weiter und sagte immerzu: „Da liegt das Aas im Graben! Da liegt das Aas im Graben!“
Dann kam er zu einem Wagen voll Leute, und sagte: „Guten Morgen! Da liegt das Aas im Graben!“
Da fiel der Wagen um in einen Graben, der Knecht kriegte die Peitsche her und verbläute den Jungen so, dass er zu seiner Mutter heimkriechen musste. Und er ist sein Lebtag nie wieder auf Reisen gegangen.
Hintergründe zum Märchen „Auf Reisen gehen“
„Auf Reisen gehen“ (KHM 143) ist ein Schwank aus den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm. Dieses Märchen, auch als Dummenschwank bezeichnet, zeigt die Missgeschicke und das Unglück eines Jungen, der auf Reisen geht, obwohl seine Mutter ihn davor warnt. Die Geschichte gehört zur Aarne-Thompson-Uther (ATU) Typologie als ATU 1696, die sich auf Schwänke bezieht, in denen ein ungeschickter Protagonist ständig in Schwierigkeiten gerät. Die Erzählung folgt einer Kettenerzählung, bei der verschiedene Episoden aneinandergereiht sind, um eine zusammenhängende Handlung zu bilden.
Die Geschichte enthält Elemente aus verschiedenen Kulturen und Regionen, wie dem Münsterland und dem Paderbörnischen. Es gibt Parallelen zu Witzen über Schwerhörige und absichtlich falsch verstehenden Personen, wie die Schneidersfrau in „Des Knaben Wunderhorn: Wir verstehen sie nicht“ und Jan Posset bei Jakob Ayrer. Dummenschwänke, Geschichten über ungeschickte oder dumme Charaktere, waren im Spätmittelalter beliebt und sind in verschiedenen literarischen Werken zu finden. Diese Art von Geschichten diente oft als humorvolle Anekdote und Unterhaltung.
Das Märchen zeigt die Konsequenzen von Ungehorsam und Unwissenheit auf und dient als Warnung, auf die Ratschläge von erfahrenen Personen, wie der Mutter des Jungen, zu hören. Es kann auch als Mahnung verstanden werden, dass man sich an die Sitten und Gebräuche der verschiedenen Orte anpassen sollte, die man besucht. Die Erzählung zeichnet sich durch ihren Realismus und ihre Einfachheit aus. Die Charaktere und Situationen sind leicht verständlich und greifbar, was die Geschichte für ein breites Publikum ansprechend macht.
Das Märchen „Auf Reisen gehen“ von den Brüdern Grimm erzählt die Geschichte eines jungen Mannes, der trotz der Armut seiner Familie reisen möchte. Sein ständiges Wiederholen des Satzes „Nicht viel, nicht viel“ führt zu verschiedenen Begegnungen, bei denen er jedes Mal einen anderen Satz lernen muss. Jede dieser Begegnungen endet jedoch mit einer Bestrafung für den Jungen, bis er schließlich schwer verletzt zu seiner Mutter zurückkehrt und sich entscheidet, nie wieder zu reisen. Diese Geschichte ist eine humorvolle, aber auch lehrreiche Erzählung über die Unwägbarkeiten des Lebens und die Bedeutung von Worten.
Das Märchen „Auf Reisen gehen“ ist ein humorvoller Dummenschwank, der seine Wurzeln in verschiedenen Kulturen und Traditionen hat. Die Erzählung vermittelt wichtige Lektionen über Ungehorsam und Anpassungsfähigkeit und ist ein Beispiel für den Realismus und die Einfachheit der Märchen der Gebrüder Grimm.
Interpretationen zum Märchen „Auf Reisen gehen“
„Auf Reisen gehen“ (KHM 143) ist ein Märchen der Gebrüder Grimm, das verschiedene Interpretationsmöglichkeiten bietet. Hier sind einige Interpretationen, die auf verschiedenen Aspekten der Erzählung basieren:
Ungehorsam und seine Folgen: Eine der Hauptinterpretationen der Geschichte betrifft den Ungehorsam des Jungen gegenüber seiner Mutter und die daraus resultierenden negativen Folgen. Die Mutter warnt ihren Sohn davor, auf Reisen zu gehen, aber er ignoriert ihren Rat. Die Erzählung zeigt, wie der Ungehorsam des Jungen zu unglücklichen Umständen führt und letztendlich zu seiner Rückkehr nach Hause gezwungen wird.
Anpassungsfähigkeit und Kommunikation: Die Geschichte betont die Bedeutung der Anpassungsfähigkeit und der richtigen Kommunikation. Der Junge versteht nicht, wie seine Worte in verschiedenen Situationen interpretiert werden könnten und verursacht dadurch unbeabsichtigte Missverständnisse. Dies zeigt, wie wichtig es ist, sich an die Sitten und Gebräuche der Orte anzupassen, die man besucht, und seine Kommunikation entsprechend anzupassen.
Lebenserfahrung und Weisheit: Das Märchen stellt die Erfahrung und Weisheit der Mutter gegenüber der Naivität und Unwissenheit des Sohnes dar. Es vermittelt die Botschaft, dass man auf die Ratschläge und Erfahrungen älterer und weiserer Personen hören sollte, um Schwierigkeiten und unangenehme Situationen zu vermeiden.
Humor und Unterhaltung: Eine weitere Interpretation des Märchens liegt in seinem humorvollen und unterhaltsamen Charakter. Die Geschichte präsentiert eine Reihe von komischen Situationen, die aus den Missverständnissen des Jungen resultieren, und dient somit als eine Form der Unterhaltung und Erheiterung für die Leser oder Zuhörer.
Sozialkritik: Eine weniger offensichtliche Interpretation des Märchens könnte in einer unterschwelligen Sozialkritik liegen. Die verschiedenen Begegnungen des Jungen zeigen die Absurdität und Unfairness einiger sozialer Normen und Erwartungen. Die Geschichte kann als Kritik an der Gesellschaft gesehen werden, in der Menschen aufgrund von Missverständnissen und unangemessenen Erwartungen bestraft oder ungerecht behandelt werden.
Insgesamt bietet „Auf Reisen gehen“ (KHM 143) mehrere Interpretationsmöglichkeiten, die auf verschiedenen Ebenen der Erzählung basieren. Die Geschichte kann als Warnung vor Ungehorsam, eine Lektion in Anpassungsfähigkeit und Kommunikation, eine Darstellung von Lebenserfahrung und Weisheit, eine humorvolle Unterhaltung oder eine unterschwellige Sozialkritik verstanden werden.
Adaptionen zum Märchen „Auf Reisen gehen“
„Auf Reisen gehen“ (KHM 143) ist ein Märchen der Gebrüder Grimm, das nicht so bekannt ist wie einige ihrer anderen Geschichten, wie „Aschenputtel“ oder „Hänsel und Gretel“. Dennoch gibt es einige Adaptionen und Anspielungen auf dieses Märchen in verschiedenen Medien und Kunstformen. Hier sind einige konkrete Beispiele:
Theater- und Bühnenadaptionen: Das Märchen wurde gelegentlich in Bühnenstücken und Theateraufführungen aufgegriffen, oft in Kombination mit anderen Märchen der Gebrüder Grimm. Diese Adaptionen variieren in Umfang und Darstellung und richten sich an verschiedene Altersgruppen, von Kindertheateraufführungen bis hin zu anspruchsvolleren Inszenierungen für Erwachsene.
Kinder- und Jugendbücher: In Anthologien von Märchen und Fabeln für Kinder und Jugendliche findet man gelegentlich „Auf Reisen gehen“. Diese Adaptionen sind oft illustriert und vereinfacht, um jüngeren Lesern den Zugang zur Geschichte zu erleichtern.
Animation und Film: Obwohl es keine bekannten eigenständigen Film- oder Animationsadaptionen des Märchens „Auf Reisen gehen“ gibt, könnten Elemente der Geschichte in verschiedenen Filmen oder Zeichentrickserien über Märchen oder fabelhafte Geschichten eingeflossen sein. Manchmal werden solche Geschichten auch in Sammlungen von Märchenfilmen oder -serien präsentiert.
Musik und Hörspiele: Es gibt Hörspiel- oder Hörbuchadaptionen von „Auf Reisen gehen“, die sich an Kinder oder Erwachsene richten. In einigen Fällen wurden musikalische Elemente hinzugefügt, um die Erzählung zu untermalen oder aufzuwerten.
Bildende Kunst: Die Geschichte „Auf Reisen gehen“ wurde von verschiedenen Künstlern illustriert, wie zum Beispiel Otto Ubbelohde, dessen Illustrationen aus dem Jahr 1909 sowohl die humorvollen als auch die ernsten Aspekte der Erzählung einfangen.
Obwohl „Auf Reisen gehen“ nicht zu den bekanntesten Märchen der Gebrüder Grimm gehört, gibt es dennoch einige Adaptionen und Anspielungen auf die Geschichte in verschiedenen Medien und Kunstformen. Diese Adaptionen reichen von Theateraufführungen und Kinderbüchern über Hörspiele und Musik bis hin zu Illustrationen in der bildenden Kunst.
Zusammenfassung des Märchen „Auf Reisen gehen“
„Auf Reisen gehen“ (KHM 143) ist ein Märchen der Gebrüder Grimm, das die Geschichte eines jungen Mannes erzählt, der trotz der Warnungen seiner Mutter beschließt, auf Reisen zu gehen. Die Mutter rät ihm ab, da sie arm sind, aber der Sohn ist entschlossen und verspricht, bei allem, was er tut, immer „Nicht viel, nicht viel, nicht viel“ zu sagen.
Auf seiner Reise begegnet er Fischern und wiederholt seinen Spruch „Nicht viel, nicht viel, nicht viel“, was die Fischer verärgert, weil sie wenig fangen. Sie schlagen ihn und sagen ihm, dass er stattdessen „Fang voll, fang voll, fang voll“ hätte sagen sollen. Der Junge folgt diesem Rat, aber als er bei einer Hinrichtung „Fang voll, fang voll, fang voll“ sagt, wird er erneut geschlagen. Man sagt ihm, er hätte besser „Gott tröste die arme Seele“ gesagt. Als er diese Worte bei einem Pferdehäuter an einem Graben wiederholt, wird der Pferdehäuter wütend und erklärt, dass der Junge stattdessen „Da liegt das Aas im Graben“ hätte sagen sollen.
Schließlich wird der Junge von Kutschleuten, die diese Worte für unangemessen halten, so sehr gepeitscht, dass er nach Hause kriecht. Gezeichnet von seinen Erfahrungen und den erlittenen Schlägen, beschließt er, nie wieder auf Reisen zu gehen. Das Märchen zeigt die Missgeschicke und das Unglück, das der junge Mann durch seinen Ungehorsam und seine Unkenntnis der Sitten und Gebräuche der verschiedenen Orte, die er besucht, erlebt.
Die Handlung des Märchen
„Auf Reisen gehen“ (Original: „Up Reisen gohn“; englisch: „Going a Traveling“) ist ein deutsches Märchen, das die Gebrüder Grimm mit der Märchennummer 143 gesammelt haben. Es ist als Aarne-Thompson Typ 1696 klassifiziert (Was hätte ich sagen sollen?). Vor langer, langer Zeit lebten eine Mutter und ihr Sohn. Der Sohn erzählte der Mutter, dass er auf eine Reise gehen wolle. Die Mutter war sehr besorgt darüber, da sie sehr arm waren. Der Sohn sagte ihr, dass es ihm gut gehen würde, und er sagte immer „nicht viel“. Eines Tages kam er auf seinen Reisen an einer Gruppe von Fischern vorbei, während er „nicht viel“ sagte. Die Fischer konnten keinen Fisch fangen und waren sehr wütend auf ihn. Er fragte sie, was er stattdessen sagen sollte. Sie sagten ihm, er solle sagen: „Sättigen Sie ihn“.
Er fuhr fort zu sagen: „Sättigen, sättigen“, während er unterwegs war. Dann kam er an einem Galgen vorbei, als einige Gefangene gehängt wurden. Der Henker wurde wütend und sagte: „Es ist also gut, noch mehr Verbrecher zu haben? Der junge Mann fragte, was er stattdessen sagen sollte. Der Henker sagte ihm, er solle sagen: „Gott, bitte habe Mitleid mit der armen Seele“.
Dann stieß er auf eine Gruppe von Knackern, die gerade ein Pferd häuteten, während er sagte: „Gott, bitte habe Mitleid mit der armen Seele“. Die Pferdeschlächter wurden wütend und sagten ihm, er solle sagen: „Da liegt das tote Fleisch in der Grube“. Der junge Mann reiste also weiter, während er sagte: „Da liegt das tote Fleisch in der Grube“. Ein Wagen fuhr vorbei und fiel in eine Grube. Die Leute in dem Wagen waren wütend und fingen an, den jungen Mann anzugreifen. Er lief nach Hause zurück und ging nie wieder in seinem Leben auf Reisen.
Informationen für wissenschaftliche Analysen
Kennzahl | Wert |
---|---|
Nummer | KHM 143 |
Aarne-Thompson-Uther-Index | ATU Typ 1696 |
Übersetzungen | DE, EN, DA, ES, FR, PT, IT, JA, NL, PL, RU, TR, VI, ZH |
Lesbarkeitsindex nach Amstad | 91.8 |
Lesbarkeitsindex nach Björnsson | 15.5 |
Flesch-Reading-Ease Index | 83.5 |
Flesch–Kincaid Grade-Level | 4.1 |
Gunning Fog Index | 4.9 |
Coleman–Liau Index | 9.1 |
SMOG Index | 6.5 |
Automated Readability Index | 3.5 |
Zeichen-Anzahl | 2.166 |
Anzahl der Buchstaben | 1.603 |
Anzahl der Sätze | 38 |
Wortanzahl | 379 |
Durchschnittliche Wörter pro Satz | 9,97 |
Wörter mit mehr als 6 Buchstaben | 21 |
Prozentualer Anteil von langen Wörtern | 5.5% |
Silben gesamt | 507 |
Durchschnittliche Silben pro Wort | 1,34 |
Wörter mit drei Silben | 12 |
Prozentualer Anteil von Wörtern mit drei Silben | 3.2% |