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Der Komet
Grimm Märchen

Der Komet - Märchen von Hans Christian Andersen

Vorlesezeit für Kinder: 11 min

Und der Komet kam, schimmerte mit seinem Feuerkern und drohte mit seinem Schweif. Er ward betrachtet aus dem reichen schloss, aus der armen Hütte, aus dem Menschengedränge auf der Straße und von dem einsamen Wanderer, der über die wegelose Heide schritt. Ein jeder hatte seinen Gedanken dabei.

„Kommt und seht das Zeichen des Himmel! Kommt und seht den prachtvollen Anblick!“ sagte man, und alle beeilten sich, zu sehen. Aber drinnen im Zimmer saßen noch ein kleiner Knabe und seine Mutter. Das Talglicht brannte, und die Mutter glaubte, einen Hobelspan im Licht zu sehen. Der Talg bildete eine Spitze und krümmte sich, das bedeutete, so glaubte sie, dass der kleine Knabe bald sterben müsse, der Hobelspan wandte sich ja ihm zu.

Das war ein alter Aberglaube, und den teilte sie. Der kleine Knabe sollte aber noch viele Jahre auf der Erde leben, sollte leben und den Kometen sehen, wenn sich der nach mehr als sechzig Jahren wieder blicken ließ. Der kleine Knabe sah nicht den Hobelspan im Licht, dachte auch nicht an den Kometen, der zum ersten mal in seinem Leben vom Himmel herabschien.

Er saß, eine genietete Spülkumme vor sich, da. In der Kumme war Seifenwasser und dahinein tauchte er den Kopf einer kleinen tönernen Pfeife, setzte dann die Röhre an den Mund und machte Seifenblasen, kleine und große. Sie bebten und schwebten in den herrlichsten Farben, sie gingen von Rot in Gelb, in Lila und Balu über, und dann wurden sie grün wie das Blatt des Waldes, wenn die Sonne hindurchschimmert. „Gott schenke dir so viele Jahre hier unten auf der Erde, wie du Seifenblasen machst!“

„So viele, so viele!“ sagte der Kleine. „Das Seifenwasser kann nie alle werden!“ Und der Kleine blies eine Blase nach der anderen in die Luft hinein. „Da fliegt ein Jahr! Da fliegt noch ein Jahr! Sieh nur, wie sie fliegen!“ sagte er bei jeder Seifenblase, die sich loslöste und flog. Ein paar flogen ihm gerade in die Augen hinein. Das biß und brannte, Tränen traten ihm in die Augen. In einer jeden Blase sah er ein Zukunftsbild, schimmernd, glitzernd.

„Jetzt kann man den Kometen sehene!“ riefen die Nachbarn, „Kommt doch heraus und seht!“ Und die Mutter nahm den Kleinen bei der Hand, er musste die tönerne Pfeife hinlegen, das Spiel mit den Seifenblasen unterbrechen. Der Komet war da. Und der Kleine sah die schimmernde Feuerkugel mit dem strahlenden Schweif, einige sagten, er sei drei Ellen lang, andere behaupteten, er messe Millionen Ellen. Man sieht so verschieden.

Die Meisten von denen, die das sagten, waren auch tot und begraben, als er sich wieder zeigte; aber der kleine Knabe, für den sich der Hobelspan im Licht gebildet hatte und von dem die Mutter glaubte, dass er bald sterben würde, der lebte noch, war als und weißhaarig. „Weiße Haare sind die Blüten des Alters!“ sagt das Sprichwort, und er hatte viele von den Blüten. Er war jetzt ein alter Schulmeister.

Die Schulkinder sagten, er sei so klug, er wisse so viel, er wusste Geschichte und Geographie und was man von den Himmelskörpern kennt. „Aller kehrt wieder!“ sagte er. „Gebt nur acht auf die Personen und Ereignisse, und ihr werdet erfahren, dass sie alle wiederkehren, in anderem Gewand, in anderem Land.“ Und der Schulmeister hatte gerade von Wilhelm Tell erzählt, der einen Apfel von seines Sohnes Haupt schießen musste, aber ehe er den Pfeil abschoss, barg er einen zweiten auf seiner Brust, um ihn dem bösen Geßler ins Herz zu schießen.

Das geschah in der Schweiz, aber viele Jahre früher war genau dasselbe in Dänemark mit Palnatoke geschehen. Der sollte auch einen Apfel von seines Sohnes Haupt schießen und steckte, wie Tell, einen Pfeil beiseite, mit dem er sich rächen wollte. Und vor mehr als tuasend Jahren ward dieselbe Geschichte niedergeschrieben, die sich in Ägypten zugetragen hatte. Es kehrt alles wieder so wie die Kometen, sie fahren hin verschwinden und kehren wieder.

Und der sprach von dem Kometen, der erwartet wurde, von dem Kometen, den er als kleiner Junge gesehen hatte. Der Schullehrer kannte die Himmelskörper, dachte über sie nach, vergaß aber darüber keineswegs die Weltgeschichte und die Geographie. Seinen Garten hatte er in der Form der Landkarte von Dänemark angelegt. Hier standen Kräuter und Blumen, wie sie in den verschiedenen Gegenden des Landes Heimisch sind. „Holt mir Erbsen!“ sagte er, und dann ging man nach dem Beet, das Laaland darstellte.

„Holt mir Buchweizen!“ und dann ging man nach Langeland. Der schöne blaue Enzian und der Porsch waren hoch oben bei Skagen zu finden, der schimmernde Christdorn drüben bei Silkeborg. Die Städte selber waren durch Postamente angedeutet. Hier stand St. Knud mit dem Lindwurm, das bedeutete Odense; Absalom mit dem Bischofsstab bedeutete Sorö. Das kleine Fahrzeug mit den Rudern war das Kennzeichen, dass hier Aarhus lag. Aus dem Garten des Schulmeistern lernte man sehr gut die dänische Landkarte; aber erst musste man ja von ihm belehrt werden, und das war gar ergötzlich.

Jetzt war der Komet in Aussicht, und von dem erzählte er, und er erzählte auch, wad die Leute in alten Zeiten, als er zuletzt hier war, gesagt und geweissagt hatten. „Das Kometenjahr ist ein gutes Weinjahr!“ sagte er. „Man kann den Wein mit Wasser verdünnen, ohne das es jemand merkt. Die Weinhändler sollen die Kometenjahre sehr lieben.“ Vierzehn Tage und vierzehn Nächte war die ganze Luft mit Wolken angefüllt, man konnte den Kometen nicht sehen, aber er war da. Der alte Schulmeister saß in seiner kleinen Kammer dicht neben der Schulstube.

Die Bornholmer Uhr aus der Zeit seiner Eltern stand in der Ecke, die schweren Bleilote hoben sich nicht und sanken auch nicht. der Perpendikel rührte sich niocht. Der kleine Kuckuck, der ehemals herauskam und die Stunden rief, hatte mehrere Jahre lang schweigend hinter dem geschlossenen Deckel gesessen; alles war stumm und still da drinnen, die Uhr ging nicht mehr. Aber das alte Kalvier dicht dabei, das auch aus der Zeit der Eltern stammte, hatte noch Leben, die Saiten konnten noch klingen, freilich ein wenig heiser, konnten die Melodien eines ganzen Menschanalters singen.

Der alte Mann ward dadurch an so vieles erinnert, an Frohes und Traurioges, während einer ganzen Reihe von Jahren, von der Zeit an, da er als kleiner Knabe den Kometen sah, bis auf heute, wo er wieder hier war. Er erinnerte sich dessen, was die Mutter von dem Hobelspan im Licht gesagt hatte, er erinnerte sich der herrlichen Seifenblasen, die er gemacht hatte.

Eine jede sei ein Lebensjahr, hatte sie gesagt, wie schimmernd, wie farbenreich! Alles Schöne und Erfreuliche hatte er darin gesehen: Kinderspiele und Jugendlust, die ganze weite Welt lag im Sonnenschein offen vor ihm, und dahinaus sollte er! Es waren Zukunftsblasen. Als alter Mann tönnten ihm aus den Saiten des Klaviers Melodien aus entschwundenen Zeiten entgegen: Erinnerungsblasen mit dem Farbenschimmer der Erinnerungen. Da erklang Großmutters Stricklied:

„Wohl keine Amazone hat den ersten Strumpf gestrickt.“ Da erklang das Lied, da die alte Magd des Hauses ihm als Kind gesungen:

Gar mancherlei Gedanken
hienieden muss bestehn,
wer jung und unerfahren
und wenig hat gesehn!

Ja, dann ertönten die Melodien, von dem ersten Ball, ein Menuett und ein Molinaski. Jetzt klangen weiche, wehmutsvolle Töne, die Augen des alten Mannes füllten sich mit Tränen, jetzt brauste ein Kriegsmarsch, jetzt kam ein geistliches Lied, dann folgten untere Töne, eine Blase nach der anderen, wie zu der Zeit, da er als kleiner Knabe Blasen aus dem Seifenwasser in die Luft hinausgesandt hatte.

Sein Auge war auf das Fenster gerichtet, eine Wolke da draußen am Himmel glitt fort, er sah in der klaren Luft den Kometen, seinen schimmernden Kern, einen leuchtenden Nebelschleier. Es war, als habe er ihn erst gestern Abend gesehen, und doch lag ein ganzes reiches Menschenleben zwischen damals und jetzt. Damals war er ein Kind und sah in den Blasen „vorwärts“, jetzt zeigten die Blasen „zurück“. In ihm regten sich Kindersinn und Kinderglaube, seine Augen strahlten, seine Hand sank auf die Tasten nieder – es klang, als zerspringe eine Saite.

„Kommt doch und seht, der Komet ist da!“ wurde von den Nachbarn gerufen. „Der Himmel ist so herrlich klar! Kommt doch heraus, damit ihr ihn recht sehen könnt!“ Der alte Schulmeister antwortete nicht, er war auf dem Wege dahin, wo man so recht sehen kann. Seine Seele schwebte auf größeren Bahnen, in einen weiteren Raume, als ihn der Komet durchfliegt. Und der Komet ward wieder von allen betrachtet, aus dem reichen Schloss, aus der armen Hütte, aus dem Gedränge auf der Straße und von dem Einsamen auf der wegelosen Heide. Die Seele des alten Mannes aber schaute Gott an, schaute die lieben Heimgegangenen an, nach denen er sich geseht hatte.

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Hintergründe zum Märchen „Der Komet“

„Der Komet“ ist ein Märchen des dänischen Autors Hans Christian Andersen, der für seine unvergesslichen Geschichten und tiefgründigen Botschaften bekannt ist. Andersen veröffentlichte das Märchen erstmals im Jahr 1861. Obwohl „Der Komet“ nicht so bekannt ist wie einige seiner anderen Werke wie „Die kleine Meerjungfrau“, „Das hässliche Entlein“ oder „Die Schneekönigin“, bietet es dennoch Einblicke in die menschliche Natur und die Bedeutung von Erinnerungen, Lebenszyklen und der Verbindung zwischen Himmel und Erde.

Hans Christian Andersen lebte von 1805 bis 1875 und verfasste im Laufe seines Lebens zahlreiche Märchen, Gedichte, Reiseberichte und Romane. Seine Werke sind in der ganzen Welt bekannt und wurden in viele Sprachen übersetzt. Andersen hatte ein Talent dafür, alltägliche und fantastische Elemente zu verbinden, um Geschichten zu erzählen, die sowohl Kinder als auch Erwachsene ansprechen. Seine Geschichten enthalten oft tiefsinnige Botschaften und Moralvorstellungen und regen zum Nachdenken über verschiedene Aspekte des Lebens an.

Die Hintergründe von „Der Komet“ sind vielfältig und spiegeln einige der Themen wider, die in Andersens anderen Werken zu finden sind. Das Märchen zeigt die Vergänglichkeit des Lebens, die Unvorhersehbarkeit der Zukunft und die Wiederkehr von Ereignissen und Mustern in der Geschichte. Die Geschichte enthält auch Elemente des Aberglaubens, der in der damaligen Zeit weit verbreitet war, und verbindet diese mit wissenschaftlichen Erkenntnissen über Himmelskörper wie Kometen.

Insgesamt ist „Der Komet“ ein Beispiel für die einzigartige Erzählkunst von Hans Christian Andersen und zeigt seine Fähigkeit, tiefgründige Botschaften in einer einfachen und zugleich faszinierenden Geschichte zu vermitteln. Der Kontext des Märchens zeigt, wie Andersen menschliche Erfahrungen und Emotionen mit Naturphänomenen verknüpfte, um bedeutungsvolle und zeitlose Geschichten zu erzählen, die noch heute relevant sind.

Interpretationen zum Märchen „Der Komet“

„Der Komet“ von Hans Christian Andersen kann auf verschiedene Weise interpretiert werden. Hier sind einige mögliche Interpretationen:

Die Vergänglichkeit des Lebens: Das Märchen zeigt, wie schnell das Leben vergeht und wie sich die Zeit auf die Menschen auswirkt. Der kleine Junge, der mit Seifenblasen spielt, wird im Laufe der Zeit zum alten Schulmeister. Es erinnert uns daran, dass das Leben flüchtig ist und dass wir jeden Moment schätzen sollten.

Der Zyklus des Lebens: Der Komet symbolisiert das Wiederkehren von Ereignissen im Leben und in der Geschichte. Der Schulmeister erkennt, dass alles im Leben und in der Welt wiederkehrt, wie die Kometen, die nach vielen Jahren wieder am Himmel erscheinen. Diese Idee zeigt, dass es Muster und Zyklen im Leben gibt, die sich wiederholen und dass Menschen aus der Vergangenheit lernen können.

Die Kraft der Erinnerungen: Der alte Schulmeister erinnert sich an seine Kindheit und die vielen Erfahrungen, die er im Laufe seines Lebens gemacht hat. Die Erinnerungen sind wie Seifenblasen, die schimmernd und farbenreich sind, aber auch zerbrechlich und vergänglich. Die Geschichte zeigt, dass Erinnerungen eine wichtige Rolle im Leben spielen und dass sie uns helfen können, die Gegenwart besser zu verstehen und die Zukunft zu gestalten.

Die Unvorhersehbarkeit des Lebens: Obwohl die Mutter des Jungen an den Aberglauben glaubt, dass er bald sterben wird, lebt der Junge und wird zum alten Schulmeister. Dies zeigt, dass das Leben unvorhersehbar ist und dass wir uns oft in Situationen irren, wenn wir versuchen, die Zukunft vorauszusagen. Es ist wichtig, offen für Veränderungen und Überraschungen zu sein und das Leben so anzunehmen, wie es kommt.

Die Verbindung von Himmel und Erde: Die Geschichte verbindet das Himmlische, repräsentiert durch den Kometen, mit den irdischen Erfahrungen und Erinnerungen der Charaktere. Diese Verbindung zeigt, dass das Göttliche und das Irdische miteinander verwoben sind und dass wir sowohl das Weltliche als auch das Spirituelle schätzen und erforschen sollten, um ein erfülltes Leben zu führen.

Insgesamt bietet „Der Komet“ von Hans Christian Andersen vielschichtige Interpretationen und regt dazu an, über das Leben, die Vergänglichkeit, die Muster der Geschichte und die Rolle von Erinnerungen und Spiritualität nachzudenken.

Zusammenfassung der Handlung

In dem Märchen „Der Komet“ von Hans Christian Andersen geht es um einen kleinen Jungen, der mit seiner Mutter im Haus sitzt, während alle anderen den Kometen am Himmel betrachten. Die Mutter glaubt, das ihr Sohn bald sterben muss, weil sie einen Aberglauben in Bezug auf das Talglicht teilt. Der Junge spielt jedoch fröhlich mit Seifenblasen und denkt nicht an den Kometen oder den Aberglauben.

Als die Nachbarn rufen, dass der Komet zu sehen ist, nehmen sie den Jungen und seine Mutter mit nach draußen, um den Kometen zu betrachten. Jahre später, als der Junge ein alter Schulmeister geworden ist, erinnert er sich an das erste Mal, als er den Kometen gesehen hat. Er denkt an die vielen schönen Erinnerungen, die er im Laufe seines Lebens gesammelt hat.

Der alte Schulmeister lernt, dass die Ereignisse in der Geschichte und im Leben der Menschen immer wiederkehren, wie der Komet. Als der Komet wieder erscheint, sind viele der Menschen, die ihn das erste Mal gesehen haben, bereits gestorben. Doch der alte Schulmeister, den seine Mutter einst für dem Tod geweiht hielt, ist noch am Leben.

An einem klaren Tag ruft der Nachbar wieder, dass der Komet am Himmel zu sehen ist. Der alte Schulmeister geht diesmal jedoch nicht hinaus, um ihn zu betrachten, da seine Seele bereits auf dem Weg ist, in den Himmel aufzusteigen und Gott und seine Lieben, die bereits gestorben sind, zu treffen. Während der Komet weiterhin von allen Menschen auf der Erde beobachtet wird, schaut die Seele des alten Mannes auf das Göttliche und diejenigen, nach denen er sich gesehnt hat.


Informationen für wissenschaftliche Analysen

Kennzahl
Wert
ÜbersetzungenDE, EN, DA, ES
Lesbarkeitsindex nach Amstad74.2
Lesbarkeitsindex nach Björnsson35.4
Flesch-Reading-Ease Index60.2
Flesch–Kincaid Grade-Level8.6
Gunning Fog Index8.3
Coleman–Liau Index12
SMOG Index11.1
Automated Readability Index9.2
Zeichen-Anzahl8.765
Anzahl der Buchstaben6.995
Anzahl der Sätze95
Wortanzahl1.425
Durchschnittliche Wörter pro Satz15,00
Wörter mit mehr als 6 Buchstaben290
Prozentualer Anteil von langen Wörtern20.4%
Silben gesamt2.213
Durchschnittliche Silben pro Wort1,55
Wörter mit drei Silben177
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